Christophe Desjardins
Drei Solo-Recitals ziehen einen roten Faden durch das Wochenende bei Ultraschall Berlin. Der französische Bratschist Christophe Desjardins macht den Anfang. Die vier Werke seines Konzerts, zwei davon mit Elektronik bzw. Zuspielung, zwei ›unplugged‹, umreißen ein breites Spektrum und bringen Musik mit Sprache, Literatur und Philosophie in Verbindung.
Auf die alte Form des ›Ricercare‹ greift Jonathan Harvey zurück und entwickelt mit elektronischen Mitteln einen fünfteiligen Kanon. Dem Gewicht eines Gedankens spürt der italienische Komponist Marco Stroppa in seinen ›Reflexionen‹ für Viola solo nach. In sechs Abschnitten, deren sechster seine Uraufführung erlebt, kreist er um philosophische Fragen.
Emmanuel Nunes‘ Improvisation II entstand als Vorstudie für ein geplantes Musiktheater zu Fjodor Dostojewskis Erzählung Die Sanfte. Die Bratsche ist Doppelgänger der Titelheldin, die unter ihrem sadistischen Mann leidet, »eine Improvisation über die verschiedenen Aspekte ihres Charakters, die sich in der spannungsvollen Beziehung zu ihrem Mann ganz unterschiedlich entwickeln« (Emmanuel Nunes). Messagesquisse von Pierre Boulez, komponiert als Geburtstagsgruß für Paul Sacher, ist eine Botschaft ohne Worte. Ursprünglich für Violoncello komponiert, lässt sich Boulez‘ Charakterisierung auch auf die Version für Viola und Zuspielung übertragen: »allein, ausschließlich / fähig, sich selbst zu reflektieren / fähig, sich wirklich zu vervielfachen«.
Jonathan Harvey
Ricercare una melodia (1984) 6’
für Viola und Elektronik
Emmanuel Nunes
Improvisation II - Portrait (2003) 9‘
für Viola solo
Marco Stroppa
Il peso di un pensiero (2015) 18’
Riflessioni per viola sola
Pierre Boulez
Messagesquisse (2000) 8‘
Version für Viola und Zuspielung
Christophe Desjardins, Viola
Veranstaltungsort
Heimathafen Neukölln
- Deutschlandfunk Kultur: 08. März 2018, 00:05 Uhr, Neue Musik
- Kulturradio vom rbb: 28. März 2018, 21:04 Uhr, Musik der Gegenwart