25 Jahre Ultraschall Berlin – ein Jubiläum, das einlädt zu einem Blick zurück und nach vorn.
Die Welt der zeitgenössischen Musik hat sich in diesem Zeitraum spürbar verändert – neue Ästhetiken, Produktionsmöglichkeiten oder Sichtweisen sind hinzugekommen, andere verschwanden oder wurden historisch. Schulen oder Richtungen sind heute, wenn überhaupt, so nur noch in Umrissen erkennbar – zu individuell sind Handschriften oder Absichten geworden.
Die immer weiter fortschreitende Digitalisierung mit ihrem größer werdenden Materialfundus verändert nicht nur das Entstehen von neuer Musik, sondern ihre Form im Grundsätzlichen. Traditionell komponierte rein akustische Werke stehen Multimedia-Performances gegenüber, in denen neben Bild, Video oder Licht die Musik nur noch ein Element unter vielen ist. Absolute, rein aus ihrer Klanglichkeit bestehende Kompositionen bestehen neben expliziten Kommentaren zu politischen oder gesellschaftlichen Fragestellungen.
Bei all diesen Entwicklungen und im Anspruch, wesentliche Teile davon abzubilden, ist sich Ultraschall Berlin in allen diesen Jahren treu geblieben, zentrale Aspekte in verändertem Kontext zu präsentieren. Neue und neueste Werke, darunter viele Ur- und Erstaufführungen, stehen neben exemplarischen Arbeiten aus bald achtzig Jahren Nachkriegsavantgarde, beleuchten diese aus aktuellem Blickwinkel und werden von diesen selbst in einen erweiterten Rezeptionsraum gestellt – dies alles mit Blick auf mögliche kommende Entwicklungen in dem Bewusstsein, dass ein wie immer gearteter Fortschrittsgedanke zunehmend kritisch gesehen oder zumindest im Hinblick auf globale Veränderungen neu erarbeitet und definiert werden muss.
So sind die Schwerpunkte, die Inspirationen, die Ausgangspunkte der bei Ultraschall Berlin 2024 vorgestellten Werke auch in diesem Jahrgang denkbar verschieden. Elnaz Seyedi und Ehsan Khatibi vollziehen in ihrem neuen großformatigen Werk eine Spurensuche durch das Ungreifbare der kollektiven Erinnerung im Iran, während Gordon Kampe barocke Lyrik, die von Liebe und Zerstörung erzählt, in einen hochemotionalen, ganz heutigen Zyklus überführt. Weitere starke Stimmen der zeitgenössischen Musik präsentieren sich in Konzerten mit Werken von Martin Schüttler und Ricardo Eizirik. Und ein mehrere Jahre verfolgtes Großprojekt geht mit Kompositionen des früh verstorbenen Jean Barraqué in sein Finale.
Ebenso stehen zentrale Ensembles, Solistinnen und Solisten wie das Ensemble Apparat im Mittelpunkt von Ultraschall Berlin. Darüber stellt sich das Trio Catch in neuer Formation vor, die Sopranistin Sarah Maria Sun präsentiert einen Liederabend mit dem Titel „Family Business“, während MAM.manufaktur für aktuelle musik in diesem Jahr ihr Debut bei Ultraschall Berlin gibt.
Und auch in diesem Jahr präsentiert Ultraschall Berlin drei Orchesterkonzerte mit den beiden Orchestern der ROC Berlin. Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin spielt unter seinem Chefdirigenten Vladimir Jurowski, während das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin traditionell das Eröffnungs- und Abschlusskonzert unter Lin Liao bzw. André de Ridder gibt.
Gespräche mit Komponistinnen und Musikern ergänzen auch diesmal unser Festivalprogramm, das Schülerprojekt der UltraschallReporter ermöglicht wieder einen jungen Blick auf die neue Musik.
Ein Festival, zwei Sender und eine Fülle musikalischer Entdeckungen. Wir freuen uns auf Sie!
Andreas Göbel
Rainer Pöllmann