Nach dem großen Ensemblekollektiv samt seinen zahlreichen Instrumentarien inklusive Verstärkung, klingen menschliche Stimmen engelsgleich. Diese uns natürlichste Ausdrucksform hat eine Harmonie inne, die nicht beschrieben werden kann. Selbst die Reibungen in Oscar Bianchis Ante litteram reiben sich höchst angenehm. Die herausgefilterten, vieldeutigen Worte aus Werken David Foster Wallaces oder Friedrich Nitzsches sind weder eindeutig zu erkennen noch in einem Zusammenhang betrachtbar; die häufigsten Silben sind „da“ und „ba“. Doch ich muss in Musik keine Philosophie ausmachen, vielmehr gilt hier die musikalische Auseinandersetzung des Komponisten mit der Sprache. Solange man diese nachvollziehen oder für sich auslegen kann, sollte kein Druck da sein, aus jeder Mücke einen Elefanten zu machen.
Sie liebt mich, sie liebt mich nicht…
Das Herzstück des Konzertes bietet zweifelsohne das Herzstück von Luca Francesconi. Die Darbietung des Ausgangsgespräches um ein Herzensgeständnis zeigt ironisch Floskeln und Umgang mit dieser so allgegenwärtigen Situation. Nach der authentisch herzzerreißend vorgetragenen Kummerphase des Soprans, verzweigt sich das Geäst der anderen Stimmen wie ein dramatisches Rollenspiel immer undurchsichtiger um die Beziehung der Protagonisten.
Schließlich endet alles – wie so oft – im Chaos und mündet assoziativ in eine äußerst amüsant vorgetragene und jedem bekannte Schulszene, deren Spannung darin liegt, ob die Lehrkraft zu Wort kommen und ihre Frage trotz des Quatschens äußern wird. Sie tut es schließlich, doch nur mit mäßigem Erfolg. Die Ironie ist erreicht: Man lacht, doch würde man es sich selbst anders wünschen. Alles scheint offensichtlich und einfach, doch ist man selber in einer ähnlichen Lage, sieht man gar nichts mehr klar. Dieser Widerspruch wird durch die Vielseitigkeit in den einzelnen Stimmen und der präzisen Abstimmung der Neuen Vocalsolisten Stuttgart überragend ausgearbeitet. Allwährende Lebensfragen werden in einer alternativen Form mit ein wenig Humor und viel Ernst in einer halben Stunde aufgezeigt, behandelt und doch für jeden persönlich offen gelassen.
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