Thomas Ankersmit: Treatise on Musical Objects

Der in Berlin lebende Musiker und Komponist Thomas Ankersmit versteht seine Arbeit als Malerei mit Klängen. Dabei verwendet er weder Samples, noch akustische Instrumente, sondern nur einen einzigen modularen Synthesizer: den Serge. Mit dessen Hilfe erstellt er sein gesamtes Klangmaterial – Schicht für Schicht, Patchkabel für Patchkabel. Beim Art’s Birthday im Rahmen von Ultraschall Berlin präsentiert Ankersmit ein work in progress, angeregt durch Pierre Schaeffers bahnbrechendes Buch Traité des objets musicaux. Dieser Text des französischen Komponisten und Gründers der Groupe de Recherches Musicales (GRM) enthält wegweisende Forschungen über die Komposition mit Klangobjekten aller Art. Trotz seiner weitreichenden Bedeutung wurde das Buch erst 2017 auf Englisch veröffentlicht – mehr als 50 Jahre nach dem Erscheinen des französischen Originals. Bei seinem Auftritt wendet Thomas Ankersmit die Theorien Schaeffers auf seine individuelle Praxis an. Er übersetzt die Konzepte der konkreten Musik in eine dynamische, bisweilen gewaltige Performance mit Live-Elektronik. Dabei handhabt er seine elektronische Apparatur wie die Klänge der ›realen Welt‹, die in der konkreten Musik verarbeitet werden. Durch experimentelle Spieltechniken und kreativen Missbrauch seines Instruments erzeugt er elektronische Strukturen mit organischem Charakter. Dadurch versucht Ankersmit die Trennung zwischen der elektroakustischen Musik des 20. Jahrhunderts und dem zeitgenössischen Underground aufzuheben. Durch Schichtung und Montage lässt er hochkomplexe Klangmorphologien entstehen. Er löst akustische Ereignisse aus vorgefertigten Rastern, um besondere Spannung und Energie zu erzeugen. So schafft er eine ungewöhnliche Verbindung von klanglicher Dichte und Transparenz.

Marcus Gammel