Lotta Wennäkoski: Päärme

für Klaviertrio (2015)

In einem Kommentar zu ihrem Stück Päärme hat die 1970 geborene finnische Komponistin Lotta Wennäkoski einmal bemerkt: »Wenn über die Kunst des Komponierens gesprochen wird, kommt oft das Handwerk zur Sprache. Im Klaviertrio Päärme, ›Saum‹, war für mich eine sehr konkrete Vorstellung des Handwerks der Ausgangspunkt: das Nähen. Päärme hat einen lichten, hellen und pulsierenden Charakter, und basiert in vielen Passagen auf kleinen Kanons. Der Eindruck des Einsäumens wird zudem mit geräuschhaften Klängen und ungewöhnlichen Spieltechniken bereichert.« Ein Saum ist für Lotta Wennäkoski das geeignete Bild für die Kanontechniken in ihrem Stück, schließlich wird für einen Saum der zu bearbeitende Stoff in zweifacher Lage mit durchgehenden Nadelstichen verbunden. »Mir ging es um den Fluss, den das Stück hat, gerade durch die Kanons«, erklärt Lotta Wennäkoski im Gespräch für Ultraschall Berlin. Gleichzeitig gefällt der Komponistin, die eine große Leidenschaft für Lyrik hegt und ein feines Gespür für die Wortmelodik in Gedichten hat, der Klang des finnischen Wortes Päärme.

Lotta Wennäkoskis Klaviertrio ist als Auftragswerk für das Kimito Island Music Festival auf der Insel Kimito in Südwestfinnland entstanden. Dort stehen in ländlicher Idylle, in Kirchen, Gutshöfen und Gasthäusern, vorwiegend Werke der Klassik und Romantik auf dem Programm. Uraufgeführt wurde das Werk vom Sibelius Piano Trio. Während ihrer Arbeit an Päärme wusste die Komponistin es zu schätzen, für die drei Virtuosen des Ensembles zu komponieren, wie sie im Interview für Ultraschall Berlin berichtet. Da Lotta Wennäkoski nicht nur Komposition an der Sibelius Akademie in Helsinki studierte, sondern auch ausgebildete Geigerin ist, wusste sie genau, was sie den Musikern »zumuten« konnte: »Ich kannte das Trio bereits, sie sind sehr gute Musiker. Da sie eher im klassisch-romantischen Repertoire zu Hause sind, war mir bewusst, dass sie eine andere Sichtweise haben als ich. Als Komponistin wollte ich meinen Weg zu ihnen finden, mich aber dennoch auf keine  Kompromisse einlassen. Den typischen romantischen Streicherklang wollte ich auf keinen Fall. Gleichzeitig war es meine Absicht, den Musikern ein Stück bieten, dass ihnen Freude bereitet, indem es ein Schwelgen im Klang ermöglicht. « Dies erlaubt in Päärme vor allem der langsame Mittelteil mit seiner prägnanten melodischen Linienführung in den Streichern. Das Klavier bringt wiederum seine eigenen, spezifischen Qualitäten ein, etwa suggestive glockenartige Klänge. Päärme enthält mitunter sehr energiegeladene Passagen, mit eruptiven Gesten und einer bemerkenswerten Dichte in den Strukturen. Hier entfaltet dieses Stück mit nur drei Instrumenten sogar eine verblüffende, fast schon orchestrale Kraft im Klang.

Eckhard Weber