Die Aufbewahrung von Klängen ist ein Produkt der euro-amerikanischen Gesellschaft im späten 19. Jahrhundert. Hier verbreitete sich eine ganze Welle von neuartigen Konservierungsmaßnahmen: Einbalsamierung, Gedenkstätten, Archive, Konservenbüchsen und nicht zuletzt der Phonograph. Der Export solcher Technologien in die Kolonien ließ gegensätzliche Denkweisen aufeinander prallen. In Indien beispielsweise traf das Prinzip der Fixierung auf eine Philosophie der stetigen Erneuerung durch den Kreislauf von Geburt und Tod. Dieses Geschichtsverständnis spiegelt sich auch in der klassischen Musik Indiens, deren improvisatorische Strukturen ausschließlich mündlich weitergegeben wurden. Dennoch versuch- ten die Briten ab 1902, indische Musik aufzuzeichnen und zu ver- markten. In der Folge begann die indische Musiktradition immer konstantere Formen anzunehmen. Diesen Prozess hinterfragen Gilles Aubry und Robert Millis in ihrer Performance Jewel of the Ear. Schellackplatten mit traditioneller indischer Musik treffen auf Feldaufnahmen von Verbrennungszeremonien im Manikarnika- Tempel von Varanasi. Der Name des Tempels steht dabei Pate für den Titel des Hörstückes: ›Juwel des Ohrs‹.