Der Titel De dentro afuera (»Von innen heraus«) bezieht sich sowohl auf die Form des Stückes als auch auf die ihm zugrundeliegende kompositorische Haltung. Obwohl sich meine musikalische Sprache aus vielen kulturellen Merkmalen meiner andalusischen Heimat speist, etwa der Klangsinnlichkeit oder dem barocken Hang zum Theatralischen, bleibt die Flamencomusik wegen der unterschiedlichen Geisteshaltung, der sie entspringt, außerhalb meiner Arbeit als Komponistin. Bei der Annäherung an diese Form von Folklore hatte ich als Neue-Musik-Komponistin immer das Gefühl, durch vermintes Gelände zu gehen: Treten beide musikalische Sprachen nicht in einen fruchtbaren Dialog, können sie sich schnell gegenseitig neutralisieren und jede wie eine Verflachung der anderen wirken; außerdem kann die Neue Musik leicht von der emotionalen Wucht des Flamencos aufgefressen werden, so dass von der eigenen kompositorischen Sprache am Ende nichts mehr übrig bleibt.
Diese und viele weiteren »Gefahren« haben mich immer davon abgehalten, die Volksmusik anzutasten, mit der ich aufgewachsen bin und die mir sehr lieb ist. Erst als ich verstand, dass die Annäherung an den Flamenco nicht von außen, sondern nur von innen heraus erfolgen konnte, hatte ich den Schlüssel zum Stück gefunden. »Von innen heraus« meint die Analyse der eigenen Musiksprache auf der Suche nach Elementen, die eine Beziehung zur Flamenco-Musik aufbauen könnten – und nicht umgekehrt. Ich fand in meiner Musik Verbindungen zur melismatischen Melodieführung des Gesangs und zum perkussiven Klangcharakter des Gitarrenspiels, aber vor allem, da ich mich zur Zeit verstärkt mit dem Metrum beschäftige, zur komplexen Rhythmik des Flamencos. Ich habe mich dann besonders mit der Gattung Bulería beschäftigt, die auf einem Muster aus zwölf Einheiten mit der Betonungsstruktur 11 12 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 aufgebaut ist. Die Idee des »Von innen heraus« spiegelt sich auch in der musikalischen Form, bei der dieser ursprünglich nur angedeutete Bulería-Rhythmus sich allmählich aus dem Stück herausschält und zum Ende hin in perkussiver Weise pur im Raum steht. De dentro afuera ist dem Trio Arbós in Dankbarkeit gewidmet.
Elena Mendoza