Eternity in an Hour ist der zweite Teil meines Orchesterzyklus Time and Eternity. Wie der Titel (der einer Zeile aus William Blakes Auguries of Innocence entnommen ist) bereits andeutet, bin ich an der paradoxen Möglichkeit interessiert, dass ›Ewigkeit‹ – ein außergewöhnlicher Zustand von ›Nicht-Zeit‹ – existieren und manchmal plötzlich aus dem Fluss der Zeit, der unsere gewöhnliche Erfahrung des Seins definiert, erscheinen könnte. Ich denke, das hat William Blake gemeint, als er geschrieben hat:
To see a World in a Grain of Sand
And a Heaven in a Wild Flower
Hold Infinity in the palm of your hand
And Eternity in an hour
(Eine Welt in einem Sandkorn zu sehen
Und den Himmel in einer Wildblume
Die Unendlichkeit in deiner Hand zu halten
Und die Ewigkeit in einer Stunde).
Die Unermesslichkeit, die im Kleinsten enthalten ist, das Hervorgehen des Besonderen aus dem Gewöhnlichen, die Transzendenz des Alltäglichen: Jede Zeile vermittelt die potentielle Ekstase einer veränderten Wahrnehmung. Manchmal kann auch Musik diese Erfahrung bieten, allerdings kann man das nicht willkürlich in ein Musikstück einbauen. Denn eine solche Verschiebung der Wahrnehmung hängt – so denke ich – mehr an der Verfassung des Erfahrenden als an den objektiven Qualitäten des zu erfahrenden Objektes. Es kann geschehen, muss aber nicht. So wie man einen Eisvogel entdecken kann, wenn man an einem Fluss entlangläuft.
Der andere Aspekt des Stückes ist existenzieller. Die andere Seite der Medaille, nehme ich an. Ich habe einige Zeit lang mit dem Schriftsteller Chris Goode an einer möglichen Oper gearbeitet. Das Libretto sollte auf aufgezeichnetem Material basieren, auf Interviews mit Menschen über ihre Gedanken und Gefühle, ihre Hoffnungen, Träume und Ängste. Ich habe eine Reihe von Szenen komponiert (für ein Trio von Trios: drei Stimmen, drei Schauspieler und ein kleines Ensemble aus Flöte, Tuba und Violoncello) und im Juni 2017 trafen wir uns zu einigen ersten Workshops im Coronet Theater, Notting Hill. Schließlich gelangten wir zu der Entscheidung, das Material nicht weiterzuverfolgen. Dennoch sind mir einige Szenen im Kopf geblieben und ich habe beschlossen, sie zu bearbeiten. Der Chor At the end of the day wurde zu den Sätzen II und IV, während die Sopranarie The omnipotent God zum V. Satz wurde. Obwohl die neuen Instrumentationen ohne Sänger auskommen, schweben immer noch die Geister der Worte hinter der Musik.
Christian Mason