Aleksandra Karastoyanova-Hermentin ist gleichermaßen ausgebildete Komponistin und Pianistin, geprägt gleichermaßen von der russischen und westlichen Klaviertradition, dem klassisch-romantischen Repertoire und der Avantgarde. »Ihre Werke spielen leichtfüßig mit jahrhundertelanger musikalischer Tradition«, heißt es in einer Kritik über ihr Schaffen.
Mit klassischer Viersätzigkeit wartet Aleksandra Karastoyanova-Hermentins Duo-Stück Polynij auf. Dezember 2018 wurde es vom oenm am Salzburger Mozarteum uraufgeführt. Der Kopfsatz beginnt mit Klangflächen, aus denen sich Abwärtsskalen im Klavier und Glissando- und Tremolofiguren im Cello lösen. Bald zieht das Klavier das Cello mit in den Abwärtssog der Skalen, aus dem sich das Cello jedoch in luftige Höhen befreien kann. Der zweite Satz arbeitet mit rhythmisch markanten Figuren: Akkordschlägen zu Beginn, später kreisenden Triolen- und Sextolenpatterns im Cello, die von akzentuierten Rhythmusfiguren im Klavier unterstützt und ergänzt werden. Nach einem umstürzlerischen Abwärtsschwung in der Mitte des Satzes ist die maschinenhafte Mechanik des Zusammenspiels durchbrochen. Das Geschehen gestaltet sich nun in komplexer Heterogenität und ist damit weniger vorhersehbar. Der dritte Satz ist von markanten Repetitionen mit Geräuschanteilen und dissonanter Verdichtung geprägt, ehe sich diese Struktur zu einem nuancenreichen Tremolieren des Cellos über Klavierflächen auflöst. Der kurze Schlusssatz nimmt wieder die Abwärtsskalen vom Beginn des Stücks auf.
Eckhard Weber