Mit fein erspürter Ironie überzeugt Martin Schüttler in den Auszügen aus seinem „schöner leben“-Zyklus. Die vier gespielten Solo-Stücke (entstanden von 2008 bis 2011) öffnen sich dem Publikum in einer liebevollen Schrulligkeit von Midi-Sounds, trashiger Sample-Ästhetik, und Wiederholungen von ach so lebensnahen Phrasen wie „Gucci bag“, „tired“ oder „paranoid“ in schöner leben 1 (music for K.C.). In diesem Stück brilliert der Countertenor Daniel Gloger mit dem flexiblen Wechsel zwischen performativ weinendem und ringendem Schluchzen und bezauberndem, klassischem Gesang, der durch die Juxtaposition in ein sehr humorvoll, niedliches Licht gerückt wird. Es ist ein Spiel mit den Topoi der zeitgenössischen Musik, gepaart mit der alltäglichen Peinlichkeit der menschlichen Existenz. Martin Schüttlers Kommentar ergänzt dies, wenn er von der inneren Multiplizität des Individuums spricht und seine Werke als Ganzkörperportraits der Performenden beschreibt. In seiner Haltung zur Neuen Musik formuliert Schüttler den Wunsch, immer wieder die Fragen zu stellen: „Was könnte Musik noch sein?“, und durch das ständige Hinterfragen neue Formen zu finden. Der „schöner leben“-Zyklus ist dafür auf jeden Fall ein Anfang und es wird spannend, welche Fortführungen das Werk in diesen nun post-pandemischen Zeiten finden wird.