Sammeln ist etwas, das schon Kinder tun. Muscheln, Steine oder Puppen. Auch der türkische Komponist Emre Dündar sammelt seit mehreren Jahren, aber sein Gut ist nicht materiell. Emre Dündar sammelt Sprachen. Diese bilden dann häufig die Grundlage für seine zeitgenössischen, beeindruckenden Musikstücke.
‘Récit ductile’ erfüllt mit seinen ungewöhnlichen Klängen mein Zimmer, als ich das Radio anschalte. Die erste Besonderheit, des Stückes ist die Besetzung. Akkordeon, Cello und Flöte bilden ein eindrucksvolles Trio, in dem jedes Instrument eine eigene Rolle einnimmt: Den Charakter des „Pseudo-Folk“, den Emre Dündar in seinem Stück thematisiert, verdeutlicht eindeutig das Akkordeon. Es spielt zwar keine zusammenhängenden Melodien, wie es in der Folk-Musik üblich wäre, aber diese Idee ist trotzdem erkennbar. Woran das liegt, kann ich mir nicht einmal eindeutig erklären. Vielleicht schlicht und einfach am Instrument? Vielleicht an den winzigen Melodiefetzten, die die sonst sehr lose Musik durchziehen? Durchzogen ist das Stück auch von hohen Klängen der Flöte, die wie kleine Vögel die eher tiefen Instrumente Cello und Akkordeon umfliegen. Müsste ich ein Thema für dieses Stück definieren, wäre es wohl am ehesten eine Reise. Mit einem Akkordeon, das Heiterkeit und Lebenslust vermittelt und den Vögeln, dargestellt durch eine Flöte.
Tatsächlich ist genau das „Vagabundieren“ Thema des folgenden Stückes ‘
Vagabond’, in dem Emre Dündar vom Wandern und Umherschweifen schreibt. Doch so eindrucksvoll dieses Stück auch ist: Das Wandern kann ich darin nicht finde. In „Vagabond“ erklingt verspielt das Streichquartett um die dominante Klarinette, die Stimmung scheint sich durch laute und leise Stellen mehrfach zu ändern, doch um von Wanderlust sprechen zu können, fehlt mir die Heiterkeit und Unbefangenheit, die damit konnotiert ist.
Doch am im Endeffekt spielt es keine Rolle, welchen Inhalt das Publikum in Emre Dündars Werken hört oder nicht hört. Schließlich sind es die neuen Klänge, die die Aufmerksamkeit fesseln.