
Was für ein Durcheinander: Hupen, Dampfen, Klackern, Sirren, Zirpen, Rasseln, Pfeifen, Brummen, Klirren. So beginnt „Nachtstück“ von Ulrich Kreppein. Doch was hören wir hier eigentlich? Das erklärt der Komponist bereits bevor das Stück beginnt. Vor dem Corona bedingten Lockdown war er in Seoul war und hat dort die nächtlichen Geräusche aufgenommen – insgesamt 8 Stunden. Aus eben diesen Klängen hat er dann ein Stück auskomponiert. Dabei ist es weniger eine Komposition der eigentlichen Nacht, als vielmehr eine Komposition seiner Wahrnehmung während des Verarbeitungsprozesses. Umgesetzt wird dies vom Berliner ensemble Mosaik.
Aber Hintergrundinfos beiseite, wie wirkt nun dieses knapp 40-minütige Stück? Weil ich weiß, dass es Geräusche aus dem nächtlichen Seoul darstellt, überlege ich bei jedem neuen Klang: Was könnte das nur sein? Was höre ich hier eigentlich? Langsam entstehen Bilder in meinem Kopf. Das Klirren und Klackern bekommt eine Bedeutung, und auf einmal ist es spannend zuzuhören. Es sind keine einfachen Laute mehr, die musikalisch aneinandergereiht werden. Es ist keine strikte Abfolge von Harmonie, stattdessen ist es wie das Erlebnis selbst. Das Werk sticht für mich dadurch heraus, dass es selbst unangenehme Klänge besonders darstellt. So kann das nervige Hupen oder Piepen aufregend anzuhören sein. Dann ein plötzlicher Stopp, das Durcheinander ist vorbei, nahezu völlige Stille. Nur ein entferntes Zupfen ist noch zu hören. Erneut versuche ich herauszufinden, was ich eigentlich höre. Tropfen? Kurz darauf ist es vorbei und das Durcheinander tritt wieder ein. Ulrich Kreppein hatte bereits auf die fast absolute Stille gegen vier Uhr morgens hingewiesen. Doch hier ist das Stück noch nicht vorbei, wir sind erst in der Mitte. Abwechslungsreich und spannend, so kann man „Nachtstück“ von Ulrich Kreppein beschreiben. Auch wenn es für meinen Geschmack etwas lang war, ist es definitiv ein hörenswertes Stück.