Ein wunderbares Zusammenspiel der Epochen bot sich gestern dem Publikum von Mixtura und Hildegard Rützel. Erfrischend anders, mit Übergängen statt Pausen zwischen den Werken, schwebte man von Stück zu Stück, um erst im Nachhinein zu merken, dass man gar nicht mehr im Mittelalter sondern längst wieder in der Neuzeit war. So verflog die Zeit und ehe man sich versah, war auch irgendwie schon das Konzert vorbei. Unterbrochen wurde dieses schöne Konzert nur durch Andreas Göbels kurze Interviews mit den Komponisten der aufgeführten Stücke: So erfuhren wir, dass Eres Holz früher selbst viele Madrigale gesungen hat und von ihrer Ausdrucksstärke so begeistert war, dass er unbedingt einmal versuchen wollte, diese mit Instrumenten zu erreichen. Dániel Péter Biró erklärte, dass er mit dem neuen Stück versuche, alte Musik zu erforschen und zu verstehen, sodass er sein Werk dreigeteilt aufführen lässt, unterbrochen von zwei mittelalterlichen Stücken von Johannes Ciconia. Das begeisterte mich besonders, denn obwohl angekündigt wurde, dass vier mal das Stück wechselt, war es ein so kontinuierlicher Wandel, dass das gar nicht auffiel.
Wir wandelten also vom eher abstrakten Anfang aus der Neuzeit Richtung Mittelalter. Es entstand fast der Eindruck eines Rundgangs durch eine mittelalterliche Stadt: Die neuen Werke beschrieben den Weg hinein ins Getümmel, der dann hin und wieder an Spielleuten vorbeiführte, die Werke von Johannes Ciconia spielten.
Der Eindruck des Rundgangs entstand besonders durch Katharina Bäuml, die sich beim Spielen viel und ausladend, von rechts nach links und hoch, runter, vor und zurück bewegte. Der Kontrast des Konzertes wurde durch die Sängerin Hildegard Rützel noch verdeutlicht, weil sie im Gegensatz zu Katharina Bäuml so aufrecht und erhaben, fast schon majestätisch auf der Bühne stand. So ähnlich verhielt sich dann auch ihre Stimme in den Neun Gesängen von Anette Schlünz zu den beiden Instrumenten: Die Stimme schwebt, während Schalmei und Akkordeon sie umspielen. So konntedas Konzert mit vielen Vorurteilen aufräumen; denn neue wie auch alte Musik müssen nicht langweilig sein: Sie können vielmehr auch sehr begeistern!