Seltene Gelegenheit, meine schwachen Chinesischkenntnisse anzuwenden, gab es am Freitag, denn das erste Konzert des Tages widmete sich Komponisten des fernen Ostens. Einer der aufgeführten Komponisten, Wang Xilin, gab mir danach ein kurzes Interview.
Sein “Quartett op. 41” erinnerte mich an eine chinesische Oper der Tang-Dynastie, die ich in Xi’an gesehen hatte und führte somit unweigerlich zu der Frage, wie er zur Tradition in der chinesischen Musik und damit natürlich auch seiner eigenen steht. Er antwortete mir, dass er ebensoviele Techniken der neuen Musik wie der traditionellen chinesischen Oper gelernt habe. Daher versuche er immer, beides zu verbinden.
Im Konzert selbst zeigte sich ein anderes Konzept von Musik: Im Gegensatz zum europäischen Spannungsbogen, der sich in der Musik abzeichnet, erlebte man einen Aufbau aus einzelnen Gesamtklängen, die jeweils einen ihnen eigenen Eindruck vermitteln. Ebenso war die Musik wesentlich harmonischer als die zumeist atonale europäische neue Musik.
Organisiert wurde dieses asiatische Programm von der Klarinettistin Nina Janßen-Deinzer, die den UltraschallReportern nach ihrem Konzert Rede und Antwort stand:
Wie ist es, Musik zu spielen, die nicht aus der Feder eines Europäers geflossen ist?
Nina Janßen-Deinzer: Es ist erstmal wie bei jedem anderen Stück, dass man eine Partitur bekommt und sie sich anguckt und versucht zu verstehen, welche Aussage darin steckt. Dann sind das Erfahrungswerte, die man hat. Man sieht dann, dass das das typisch Asiatische ist, was man dann versucht herauszuholen, aber Musik ist Musik.
Da gibt es also keine Unterschiede?
Sicher ist ein Stück von Wang anders als eins von Boulez, andererseits ist Boulez auch anders als Stockhausen.
Eines der Stücke war ja direkt von Ihnen in Auftrag gegeben. Ist das anders als ein Stück, mit dem Sie erst etwas zu tun haben, wenn es fertig ist?
Ich finde es immer schön, Stücke uraufzuführen und natürlich ist es immer schön, wenn so ein persönlicher Bezug da ist. Ich kann aber nicht sagen, dass ich dieses Stück lieber gespielt hätte als die anderen. Die Liebe geht in jedes Stück.
Andreas Göbel hat in seiner Moderation beim Konzert erwähnt, dass Sie einen gewissen Hang in Richtung des fernen Ostens haben. Warum gerade diese Region?
Wahrscheinlich einfach deshalb, weil ich da viel gearbeitet habe, viele Freunde gefunden habe und auch viel gelernt habe, über die asiatische Musik und diese total inspirierend finde. Zum Beispiel die traditionelle asiatische Musik ist faszinierend. Ich arbeite im Moment auch zusammen mit einem türkischen Ensemble für neue Musik, die auch wiederum mit ihren traditionellen Instrumenten arbeiten. Die sind gar nicht so weit weg von den asiatischen.
Das ist eine fantastische Musikwelt, die eigentlich hierzulande viel zu wenig beachtet wird, aber man kann sehr viel davon lernen. Ich finde, man muss wegkommen von dem Einbahnstraßendenken, dass wir Wissen nach Asien transferieren, da gibt’s genauso viel, das man zurückholen kann.