Olga Neuwirth
Olga Neuwirth, 1968 in Graz geboren, lernte ab dem siebten Lebensjahr Trompete. 1985 und 1986 studierte sie am Conservatory of Music in San Francisco Komposition und Musiktheorie sowie am Art College San Francisco Malerei und Film. Anschließend folgte von 1987 bis 1993 das Studium der Komposition und Elektronischer Musik an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien. 1993 und 1994 führten sie Studienaufenthalte nach Paris, u. a. ans IRCAM. Adriana Hölszky, Tristan Murail und Luigi Nono gehören zu ihren prägenden Lehrer:innen.
1998 wurde Olga Neuwirth im Rahmen der Reihe „Next Generation“ in zwei Porträtkonzerten bei den Salzburger Festspielen vorgestellt. Ihr für Pierre Boulez und das London Symphony Orchestra geschriebenes Werk Clinamen/Nodus wurde nach der Londoner Uraufführung im März 2000 bei einer weltweiten Tournee vorgestellt. Im Jahr 2000 war sie Composer in Residence beim Koninklijk Filharmonisch Orkest van Vlaanderen in Antwerpen und, gemeinsam mit Pierre Boulez, bei den Luzerner Festwochen. Olga Neuwirths Trompetenkonzert …miramondo multiplo… wurde 2006 bei den Salzburger Festspielen von den Wiener Philharmonikern und Pierre Boulez mit dem Solisten Håkan Hardenberger uraufgeführt.
Olga Neuwirth arbeitete schon früh mit klanglichen Versatzstücken, Zitaten und Video, damals für manche in Neue-Musik-Zirkeln ungewohnt, aus heutiger Sicht visionär. Ihre erste abendfüllende Oper Bählamms Fest, auf ein Libretto von Elfriede Jelinek, wurde 1999 bei den Wiener Festwochen uraufgeführt. 2003 kam beim Festival Steirischer Herbst im Rahmen von „Graz Kulturhauptstadt 2003“, ebenfalls auf ein Libretto von Jelinek, ihre Oper Lost Highway nach David Lynchs gleichnamigem Psychothriller zur Uraufführung, ihr bekanntestes Bühnenwerk, das mehrere internationale Neuproduktionen hatte. An der Komischen Oper Berlin wurde 2012 Olga Neuwirths American Lulu, eine Fortschreibung von Alban Bergs Lulu, uraufgeführt, 2019 an der Wiener Staatsoper ihr Musiktheater Orlando nach dem gleichnamigen Roman von Virginia Woolf.
Die Musik von Olga Neuwirth bringt musikalische Konfigurationen in neue klangliche Kontexte. In ihrer Orchestermusik mischt sie etwa die klassischen Instrumente auch mit Mundharmonika und Zither, in Ensemblewerken verbindet sie Klavier mit Elektronik oder lässt Instrumente umstimmen und präparieren, so dass Erwartungen herausgefordert werden. In ihrer Oper Bählamms Fest hat sie mit Morphing zwischen menschlicher Stimme und Wolfslauten gearbeitet. Popkultur, Jazz, Underground, Skurriles, Abgründiges, Elektronik und eine erfrischend eigenwillige Auseinandersetzung mit Tradition und Hörerwartungen, all das findet man in Olga Neuwirths Musik. Dies gepaart mit einer Tiefe im Ausdruck und einer engagierten Positionierung gegen Rassismus, Antisemitismus und Rechtspopulismus: „Kunst kann Erstarrtes aufzeigen und den desolaten Zustand von Gesellschaft und Politik sichtbar machen“, so ihre Überzeugung. „Mein musikalisches und mein soziopolitisches Denken ist gegen Ausschließlichkeit und gegen jede Eindeutigkeit gerichtet: ein ständiges Werden, Kommen und Gehen, Transformation, Fluidität in Form, Klang und Raum, eigentlich ein ständiges Bending auf allen Ebenen“, erklärte sie 2019 in einem Interview mit dem Berliner Stadtmagazin Siegessäule.
Seit 2021 ist Olga Neuwirth Professorin für Komposition an der Universität für Musik und Darstellender Kunst Wien. 2006 wurde sie zum Mitglied der Akademie der Künste Berlin gewählt, 2008 mit dem Heidelberger Künstlerinnenpreis ausgezeichnet, 2019 mit dem Österreichischen Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst und 2020 mit dem Robert-Schumann-Preis für Dichtung und Musik. 2022 erhielt sie den Grawemeyer Award for Music Compostion und den Ernst von Siemens Musikpreis und damit zwei der wichtigsten Auszeichnungen für Komponierende weltweit.
2023 wurde ihr der Ehrenring der Stadt Graz verliehen.
Konzerte-
Carolin Widmann // DSOB // Anna Skryleva
Mi. 15.01.2025 20:00 Uhr
Haus des Rundfunks: Großer Sendesaal des rbb