Philippe Manoury
Der 1952 geborene Philippe Manoury gilt als einer der wichtigsten französischen Komponisten und als Forscher und Wegbereiter auf dem Gebiet der Musik mit Live-Elektronik. Trotz seiner intensiven Ausbildung als Pianist und Komponist (er besuchte die École Normale de Musique de Paris sowie das Pariser Konservatorium und studierte unter anderem beim Schönberg-Schüler Max Deutsch, bei Gérard Condé, Michel Philippot und Ivo Malec) sieht er sich als Autodidakt. Spätestens die Uraufführung seines Klavierwerkes “Cryptophonos” durch Claude Helffer verhilft ihm 1974 zum Durchbruch.
Die in die gleiche Zeit fallende persönliche Begegnung mit Karlheinz Stockhausen und insbesondere dessen Werk “Mantra” beschreibt er als wegweisend für sein kompositorisches Denken, das sich nun immer mehr mathematischen Modellen und konzeptioneller Stringenz verschreibt. Dieses Interesse bringt ihn, nach einer zweijährigen Lehrtätigkeit an brasilianischen Universitäten, ans Pariser Institut de Recherche et Coordination Acoustique/Musique (IRCAM): Hier arbeitet er ab 1981 gemeinsam mit dem Mathematiker Miller Puckette an MAX, einer Programmiersprache für interaktive Live-Elektronik. Aus dieser Forschung heraus komponiert er, oft in engem Dialog mit Pierre Boulez, zwischen 1987 und 1991 einen Zyklus mit vier Stücken, die sich der Interaktion zwischen akustischen Instrumenten und computergenerierten Klängen in Echtzeit widmen: “Jupiter”, “Pluton”, “La Partition du ciel et de l’enfer” und “Neptune”.
In verschiedenen pädagogischen und künstlerischen Positionen arbeitet er unter anderem mit dem Ensemble intercontemporain (1983 bis 1987), am Konservatorium in Lyon (1987 bis 1997), mit dem Orchestre de Paris (1995 bis 2001), beim Festival d‘Aix-en-Provence (1998 bis 2000) sowie an der Scène nationale d’Orléans (2001 bis 2003). Nach fast einer Dekade als Kompositionsprofessor an der University of California in San Diego verlegt er Anfang 2013 seinen Wohnsitz wieder vollständig in sein Heimatland nach Straßburg, wo er am Konservatorium Komposition unterrichtet.
Neben großformatigen Orchesterwerken wie dem Violinkonzert “Synapse” (2009), “Echo-Daimónon” für Klavier, Orchester und Live-Elektronik (2012) und “IN SITU” für Ensemble und Orchester (Donaueschingen 2013, Orchesterpreis des SWR Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg) finden sich unter den Uraufführungen der letzten Jahre Streichquartette (“Stringendo” und “Tensio”, beide 2010, sowie “Melencolia”, 2013) und Werke für Soloinstrumente und Elektronik (Partita I für Viola, 2007 und Partita II für Violine, 2012).
Auch in dieser Saison wird die Reihe der Uraufführungen durch zahlreiche Werke in unterschiedlichster Besetzung fortgesetzt: Im Rahmen seiner Residency beim Orchestre Philharmonique de Strasbourg kommt im April 2015 sein neues Werk für Schlagzeugduo und Orchester “Etat d’alerte” mit dem KrausFrink Percussion Duo zur Uraufführung. Für das Orchestre de Chambre de Paris, bei dem Philippe Manoury bereits seit der Saison 2013/2014 composer-in-residence ist, komponiert er eine Neufassung von “Instants Pluriels” (2007-2008) für Kammerorchester in zwei Gruppen und zwei Dirigenten, die im Januar 2015 unter der Leitung von Thomas Zehetmair und Philippe Manoury uraufgeführt wird. Das Orchester gibt in der laufenden Saison zudem die französische Erstaufführung von “Trauermärsche” (Ko-Auftrag mit den Wittener Tagen für neue Kammermusik 2014).
Für seine Werke ist Philippe Manoury mit zahlreichen Preisen, unter anderem von der Stadt Paris und der SACEM, ausgezeichnet worden, zuletzt bei den Victoires de la musique classique als Komponist des Jahres 2012. Seine 2001 in Paris uraufgeführte Oper “K…” erhielt den Großen Preis der Société des auteurs et compositeurs dramatiques, den Preis der französischen Musikkritik und den Kompositionspreis der Fondation Prince Pierre de Monaco. Das französische Kulturministerium ernannte ihn 2014 zum Officier des Arts et des Lettres.