Paul Dessau

Paul Dessau - Bild (c) Archiv Schott Music
Paul Dessau, geboren in Hamburg 1894, gestorben 1979 in Königs Wusterhausen in Brandenburg, trat schon mit 11 Jahren an der Violine öffentlich in Erscheinung. Ab 1910 studierte er am Klindworth-Scharwenka-Konservatorium, 1912 startete er seine Dirigentenkarriere. Von 1925 an stand er regelmäßig am Pult der Berliner Städtischen Oper, dem Vorgängerbau der heutigen Deutschen Oper Berlin. Daneben lieferte Paul Dessau Begleitmusik für Stummfilme und komponierte für den frühen Tonfilm. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ging er ins Exil nach Frankreich. Dort entdeckte er über den Kollegen René Leibowitz die Reihentechnik Arnold Schönbergs für sich, die er fortan in individueller Ausprägung sehr frei als Kompositionstechnik einsetzte. Im Frankreich entstand auch eines seiner Hauptwerke, das Pessach-Oratorium „Hagadah“, Dessaus Rückbesinnung auf seine Verwurzelung im Judentum und gleichzeitig eine Stellungnahme zum NS-Terror. Weitere politische Werke entstanden, etwa das Klavierstück „Guernica“ (1938), angeregt durch das kurz vorher entstandene Gemälde Pablo Picassos. 1939 ging der Exilant Dessau in die USA, zunächst nach New York, später nach Los Angeles.
1948 kehrte Paul Dessau nach Europa zurück und ließ sich in Berlin nieder. In der jungen DDR arbeitete er intensiv mit Bertolt Brecht für Bühnenmusiken und Musiktheater zusammen. In diesem Zusammenhang entstand auch Dessaus bis heute bekanntestes Stück, die Oper „Die Verurteilung des Lukullus“ (1951). Wie aktuell und anregend dieses Werk noch immer ist, hat 2021 die Neuproduktion des Berliner Kollektivs Hauen und Stechen an der Staatsoper Stuttgart unter der Leitung des Dirigenten Bernhard Kontarsky demonstriert. Dieser wies vor der Premiere darauf hin, dass Dessaus Musik nicht zuletzt in der Tradition eines Igor Strawinsky zu sehen ist („Dessau setzt klare Farben kontrastierend nebeneinander …“). Als visionär kann Dessaus Orchesterbehandlung betrachtet werden: Viel Schlagzeug, Akkordeon im Orchester, Klavier mit Präparierung und die Orchestereinbettung der elektronischen Klänge eines Trautoniums. Paul Dessau wurde in der DDR zum bedeutenden Hochschullehrer und maßgeblichen Komponisten, der nicht bloß Musiktheater und Konzertmusik schrieb, sondern auch Gebrauchsmusik.