Xilin Wang, mittlerweile 82 Jahre alt, ist einer der bedeutendsten Komponisten Chinas und einer der maßgeblichen Wegbereiter der zeitgenössischen Musik seines Landes. Aufgewachsen in prekären Verhältnissen in der Provinz Henan, brachte er sich zunächst autodidaktisch das Spiel mehrerer Instrumente bei. Später studierte er Komposition am Konservatorium von Shanghai. Nach seinem Abschluss war er als Komponist beim staatlichen Radio-Symphonieorchester Peking tätig. 1963, kurz vor der Kulturrevolution, als westliche Musik und vor allem Werke des 20. Jahrhunderts aus dem Konzertleben verschwanden, wendete sich Xilin Wang mit einem flammenden Vortrag öffentlich gegen die Verbote. Bald darauf wurde er seiner Positionen enthoben und in die Provinz Shanxi verbannt, wo er jahrelang Zwangsarbeit, Folter und Haft erleiden musste. Erst zwei Jahre nach der Kulturrevolution, 1978 konnte er wieder nach Peking zurückkehren und kontinuierlich als Komponist arbeiten. Nach unsäglichen Strapazen und Qualen und nach Berufsverbot und künstlerischer Isolation war es Xilin Wang nunmehr möglich, sich mit der Musik von Béla Bartók, Igor Strawinsky, Arnold Schönberg und Krzystof Penderecki auseinanderzusetzen.
Diese Einflüsse und seine persönlichen Erfahrungen mit Unterdrückung, Gewalt und Willkür schlagen sich in Xilin Wangs ausdrucksstarker, von Wut und Widerstand, Vehemenz und Nachdruck geprägter Musik bis heute nieder. Sein Quartett op. 41 hebt mit einem expressiven, äußerst kontrastreichen Cellosolo an, das in ein dichtes Zusammenspiel von Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier mündet. Nach einem ausgedehnten Klarinettensolo ist der Ensemblesatz transformiert. Die Beziehungen untereinander werden am Ende neu verhandelt.
Eckhard Weber