»Es ist eine Bereicherung«, so der Flötist Daniel Agi, »Stücke mit selbstgebauten Instrumenten oder zweckentfremdeten Materialien zu spielen. Denn man stellt sich die gleichen musikalischen Fragen wie in Werken für traditionelle Ensemblebesetzungen – allerdings mit einem neuen Instrumentarium, auf eine neue Art, in einem neuen Zusammenhang. Und plötzlich merkt man: Das Material ist gar nicht so entscheidend. Es kommt vielmehr darauf an, was mit dem Material angestellt wird. Und häufig eröffnet das Wege für neue Arten des Ausdrucks.« So beispielsweise in Tobias Hagedorns 3 bit für drei Performer, das die Musiker von hand werk mit kleinen elektrischen Instrumenten realisieren. In diesem Stück überträgt der 1987 geborene, in Frankfurt lebende Komponist das in der Informationstechnik gängige Binärsystem auf die Live-Produktion von Musik. Jeder der drei Performer hat gewissermaßen drei Bits zur Verfügung: Tonhöhe, Lautstärke und Dauer. Gemäß Binärsystem kann jeder dieser Parameter zwei Zustände annehmen, 0 oder 1. Auf die Musik übertragen bedeutet das schlicht: an oder aus, hoch oder tief, laut oder leise. Auch die Anordnung dieser Zustände im zeitlichen Verlauf ist in zwei Möglichkeiten gegliedert: periodisch oder aperiodisch wechselnd. So befinden sich die Spieler in einem eng gestrickten Netz aus verschiedenen Aktionsmöglichkeiten und deren Kombinationsvarianten. Diesem dezidiert strengen, auf Zahlenanordnungen basierenden Kompositionsansatz stellt Tobias Hagedorn eine ebenso fern- wie naheliegende Assoziation zur Seite: den berühmten Monolog des Aktionskünstlers Joseph Beuys von 1969, »Ja Ja Ja Ja Ja, Nee Nee Nee Nee Nee«.
Leonie Reineke