Gait, das englische Wort für Gangart, steht hier für das Evozieren von Bewegung und entsprechender Zustände des Körpers. Es impliziert eine zumindest vorübergehende, nachvollziehbare Regelmässigkeit des Rhythmus, die es vermag, in komplexe und auf präzise Momente gerichtete Erwartungshaltungen zu versetzen – eine wichtige Voraussetzung für die Intensität des Vorgangs. Ein zweiter wichtiger Aspekt betrifft die Art und Weise, wie ein bestimmter Klang auf den Körper wirkt: perkussive Klänge etwa erlauben eine grundlegend andere Metrik und Rhythmik und vermögen Bewegung auf eine andere Weise zu evozieren, als melodische Linien, Kontrapunkt und Harmonik. Die Musik der letzten hundert Jahre hat in dieser Hinsicht enorme Entwicklungen durchgemacht und vielfältigste Innovationen hervorgebracht – und zwar völlig unabhängig von der Neuen Musik. Diese hat zwar den Klang an sich in alle erdenklichen Richtungen erforscht, aber kaum Interesse für den Körper als sich Bewegender und der Schwerkraft Unterworfener gezeigt. In den letzten Jahrzehnten ist zum Schlagzeug noch die Elektronik hinzugekommen: mit synthetisierten und gesampelten Klängen lassen sich Empfindungen hervorrufen, die davor schlichtweg nicht existent waren, etwa indem ein Sample seines natürlichen Ein- und Ausschwingvorgangs beraubt wird, oder durch extreme Filterbewegungen, wie sie auf keinem akustischen Instrument realisierbar sind. Das Einfügen solcher nichtorganischer Komponenten in die physische Präsenz eines Instrumentalensembles erweitert den Horizont musikalischer Bewegungsformen dramatisch, und nicht zuletzt reflektiert eine solcherart hybridisierte Musik unser durch omnipräsente Technik geändertes Verhältnis zum eigenen, menschlichen Körper.
Stefan Keller