für zwei Klaviere, Sampler, Audioplayback und Video
Der junge polnische Komponist Piotr Peszat hat sein Stück The Message für zwei Klaviere, Sampler, Audioplayback und Video für das GrauSchumacher Piano Duo komponiert. Es wurde von den beiden Musikern in seiner Urfassung beim Festival Warschauer Herbst 2016 uraufgeführt. The Message bezieht sich im Titel auf den gleichnamigen Rap-Song des US- HipHop-Pioniers Grandmaster Flash aus dem Jahr 1982. Das Stück von Grandmaster Flash ist ein Beispiel für Conscious HipHop, Formen des Genres mit politischen und sozialkritischen Inhalten. Davon hat Piotr Peszat sein Konzept der Conscious music (»Musik mit Bewusstsein«) abgeleitet. Letztlich durchaus als Gegenposition zu Strömungen der Neuen Musik, die sich ausschließlich mit Materialproblemen beschäftigen: »… wir müssen uns der Tatsache bewusst sein, dass mache Strukturen, Techniken, Klangfarben, selbst Instrumentalbesetzungen, äußerst klare Referenzen auf historische Phänomene aufwerfen«, schreibt Peszat in einem Kommentar zu seinem Werk The Message, »jegliches musikalisches Material, das in einem Stück erscheint, hat seine Bedeutung sowohl in einer konzeptionellen als auch ästhetischen Schicht.«
In The Message verbindet Peszat verschiedene Elemente von unterschiedlicher historischer und sozialer Bedeutung, um Aspekte heutiger Realität in die Musik einzubeziehen. Insofern kann The Message »auf gewisse Weise als kritische Musik verstanden werden, (…) als Reaktion auf die Welt«, so Peszat. Unter den vielfältigen Bezügen sind Einflüsse aus Helmut Lachenmanns Klavierstück Guero (1970/1988) zu nennen, ein klassisches Beispiel für dessen »musique concrète instrumentale«. In diesem Werk werden die Tasten und die Klaviermechanik durch das Gleiten der Hände und Fingernägel zum Klingen gebracht, ähnlich der Spieltechnik des lateinamerikanischen Rhythmusinstruments Güiro, dessen geriffelte Oberfläche mit einem Stab gestrichen wird. Dies setzt Peszat in Bezug mit einem Phänomen aus dem Video-Portal Youtube, das seit einigen Jahren bei Millionen Nutzern Euphorien auslöst: ASMR (Autonomous Sensory Meridian Response), die Synästhesie des Internet-Zeitalters. Amateur-ASMR-Videos, in denen vorsichtig mit Papier geraschelt, mit Pinseln sachte getupft oder leise ein Güiro bespielt wird, erzeugen bei dafür empfänglichen Menschen ein angenehmes Kribbeln, das vom Kopf die obere Wirbelsäulenregion herunterführt. Repetitive Patterns, Simultanspiel und Abweichungen davon, Kontraste, markante Klavierfiguren und performative Aktionen der Spieler, Einspielung verschiedener Samples und Video-Szenen aus TV-Talent-Shows sind Elemente der gesellschaftskritischen Message von Piotr Peszat.
Eckhard Weber