Nina Šenk gehört zur jungen, international vernetzten Musikszene ihrer Heimat Slowenien, die in der Hauptstadt Ljubljana ihr Zentrum hat. Doch auch in Berlin ist die Komponistin keine Unbekannte: Noch während Ihres Studiums gewann Nina Šenk mit ihrem ersten Violinkonzert im Sommer 2004 den Europäischen Komponistenpreis des Festivals Young Euro Classic. Einige Jahre später war sie Composer in Residence am Staatstheater Cottbus. Hier komponierte sie mehrere Werke für das Orchester des Hauses. Echo II stammt aus dieser Zeit, das Orchesterstück wurde 2010 in Cottbus unter der Leitung von Evan Christ uraufgeführt. Christ, seit 2008 Generalmusikdirektor am Staatstheater Cottbus, bringt in seinen Konzertreihen regelmäßig neue Orchesterwerke zur Uraufführung.
Den Anreiz für Echo II erhielt Nina Šenk aus der Kurzgeschichtensammlung Der Spiegel im Spiegel von Michael Ende. Der Band enthält dreißig Erzählungen mit fantastischen und surrealen Elementen sowie mit Motiven aus der antiken Mythologie. Die erste und die letzte Erzählung handeln von einem Wesen namens Hor, das in einem Labyrinth aus Zimmern wohnt und von seinem eigenen Echo verfolgt wird. Dies hat die Klangvorstellung von Nina Šenk angeregt, wie sie einmal erklärt hat: »Hauptelemente in meiner Komposition sind verschiedene Bearbeitungen des Echos (direkt und indirekt) und ein rhythmisches Muster in der großen Trommel, das den Herzschlag darstellt und die Verwundbarkeit des Lebens symbolisiert.«
Ein untrügliches Gefühl für Form und Proportionen paaren sich bei Nin Šenk mit dem Talent, in ihrer Musik unmittelbaren Ausdruck zu transportieren. Sie setzt vielfach aufgefächerte Farbwerte des Orchesters derart suggestiv ein, dass sich der Eindruck einer klanglichen Raumwirkung einstellt. Klangflächen, die an ihren Rändern aneinander reiben, markante Gesten und Durchbrüche entfalten eine immense Sogkraft bis zum überraschenden Schluss.
Eckhard Weber