Morton Feldmans kompositorisches Denken wurde in starkem Maße von befreundeten Malern geprägt, mit denen er sich in seiner Heimatstadt New York austauschte. Vor allem Vertreter der als Abstrakter Expressionismus in die Kunstgeschichte eingegangen Strömung der New Yorker Kunstszene, Willem de Kooning, Jackson Pollock, Mark Rothko, Robert Rauschenberg, Franz Kline und vor allem Philip Guston, waren für Feldman bestimmend. Kompositionen Feldmans mit einer Widmung im Titel wie etwa For Franz Kline (1962), Piano Piece to Philip Guston (1963) oder De Kooning (1963) zeugen von diesen inspirierenden Freundschaften. »Die neue Malerei weckte in mir den Wunsch nach einer Klangwelt, die direkter, unmittelbarer, körperlicher wäre als alles, was zuvor existierte«, äußerte Feldman einmal. »Statik, so wie sie in der Malerei verwendet wird, ist traditionell kein Bestandteil musikalischer Technik«, erläuterte der Komponist an anderer Stelle, »die Abstufungen von Statik, die man in einem Bild von Rothko oder Guston findet, waren vielleicht die wichtigsten Elemente, die ich aus der Malerei in meine Musik übernahm.«
Die klingenden Ergebnisse dieses Ansatzes, die Feldman seit den 60er Jahren kompositionstechnisch immer weiter differenzierte und verfeinerte, erwecken den Eindruck von Schwerelosigkeit und haben eine spürbar atmosphärische Wirkung, zweifellos einer der Gründe, weshalb seine Werke ungeheure Popularität erlangt haben.
Feldman hat zweimal ein Werk mit dem nüchternen, gewissermaßen die Materialität des Kunstwerks bezeichnenden Titel Four Instruments versehen: Zunächst 1965 eine Komposition für Röhrenglocken, Klavier, Violine und Violoncello und zehn Jahre später ein völlig neues Stück in der Besetzung für Klavierquartett, uraufgeführt im Januar 1976 im Jewish Museum in New York City von einem Ensemble aus Solisten.
In diesem jüngeren der beiden Werke gestaltet Morton Feldman Klänge und Pausen ähnlich einem Maler, der Farbflächen und weiße Stellen auf einer Leinwand anlegt. Auch der Eindruck von mehreren eigenständigen Objekten in einem Raum, die etwa in einer Installation gemäß einer absichtsvollen Anordnung ein gemeinsames Ganzes ergeben, drängt sich auf. Die Pausen sind in Four Instruments genauso konstituierend für die Werkstruktur wie die Töne. Die Einsätze der vier Instrumente reichen vom Zusammenklang bis zum Solo. Diese wechselnden Einsätze und unterschiedliche Graduierungen in den Kontrasten zwischen den Registern der Streicher, aber auch in der Gegenüberstellung von Streichern und Klavier sowie die verschiedenen Abstufungen harmonischer Reibung ergeben ein vielschichtiges klangliches Panorama von Nähe und Weite zwischen den Instrumenten in Four Instruments.
Eckhard Weber