Einführungen des Komponisten ins soeben Geschaffene, nicht nur fürs Programmheft, sollten sich selbst erkennen als Irreführungen, zumal bei Unkenntnis des Gegenübers.
Ein Komponist hat seiner Umgebung, gar der Gesellschaft, nichts zu sagen. Er hat, kreativ geladen, im Blick auf seine Visionen etwas zu schaffen. Er ist ein Medium. Und das Geschaffene wird welchem Hörenden auch immer, nicht zuletzt auch dem Komponisten selbst, mehr ›sagen‹, als dieser ahnt.
Wenn es denn sein soll: Mein zweites Streichtrio ist – wie jede meiner Kompositionen – Resultat des Versuchs, die eigene seit 1969 entwickelte Kompositionspraxis einer ›Musique concrète instrumentale‹ weiter zu öffnen, ohne ihren Ansatz zu vergessen. Dieser hat immer wieder auf andere Weise die körperliche Energie des Klingenden ins Zentrum der musikalischen Wahrnehmung gerückt und dabei den Musikbegriff selbst, gleichsam ›ernüchternd‹, aufs Spiel gesetzt. In meinen letzten Arbeiten ging es darum, auf diese Weise nicht ins Unbekannte, sondern ins Bekannte vorzustoßen. Hören wird zum Beobachten, auch zum Beobachten seiner selbst, bei der Begegnung, oft auch beim irritierenden Zusammenprall der eigenen Struktur mit der Struktur des Werks, im neuen Streichtrio als Begegnung mit durchaus Vertrautem und in neuem Licht zugleich fremd Gewordenem und so ›heiter‹ sich Verabschiedendem. (Nochmal also, wie im zuvor geschriebenen Hörnerkonzert: ›My Melodies‹ und zugleich ›Mes Adieux‹.)
Helmut Lachenmann