2016 hat das Trio Catch in Hamburg seine eigene Werkstattkonzert-Reihe mit dem Titel »Ohrenknacker« ins Leben gerufen. Bei jedem dieser Konzerte steht eine Uraufführung im Mittelpunkt, die speziell für das Trio Catch geschrieben wurde. Das Publikum erlebt dabei, wie die Musikerinnen verschiedene Interpretationsmöglichkeiten für das jeweilige Werk ausprobieren. Es wird auf kompositionstechnische Besonderheiten hingewiesen, ästhetische Gesichtspunkte werden diskutiert und aufführungstechnische Aspekte behandelt. Das Publikum wird eingeladen, mitzudiskutieren, Fragen zu stellen und seine Eindrücke mitzuteilen. Und am Ende des Abends wird das Stück komplett gespielt.
Zu den Werken, die in der Reihe »Ohrenknacker« bislang zur Uraufführung kamen, gehört die Catch Sonata von Gérard Pesson. Der französische Komponist, der zunächst Literatur- und Musikwissenschaft an der Sorbonne studierte und über die Ästhetik der aleatorischen Musik forschte, lehrt am Pariser Conservatoire. Die drei fließend ineinander übergehenden Sätze der Catch Sonata enthalten Verspieltes und Virtuoses. Vor allem wartet dieses Werk aber mit rhythmischer Energie auf. Violoncello und Klavier werden teils als Rhythmusinstrumente eingesetzt. Der Instrumentenkorpus des Streichinstruments wird als Perkussionsinstrument bespielt, ebenfalls der Klavierrahmen, zudem setzt der Pianist seine Füße ein. Das Klavier ist darüber hinaus präpariert, mit Stimmkeilen aus Gummi an den Saiten, ein Handwerkszeug von Klavierstimmern. Das Klangresultat erinnert an Metallophone eines balinesischen oder javanischen Gamelanorchesters. Darüber hinaus bringt Gérard Pesson gerne zwischendurch Bezüge zu bekannten Gesten und Motiven aus der europäischen Musikgeschichte in Form kurzer Zitatschnipsel ein. Wenn also eben noch auf den Steg des Cellos geschlagen wurde, kann gleich darauf etwa eine kurze Erinnerung an Beethovens Für Elise aufflackern.
Eckhard Weber