für Stimme und Kontrabassklarinette (1988) 20‘
Georges Aperghis ist als Komponist entscheidend vom Theater geprägt. Seit den 1970er Jahren hat er mit einer ganzen Reihe von eigenen Werken, oft in Zusammenarbeit mit seiner Theatergruppe Atelier Théâtre et Musique, neuartige Formen des Musiktheaters ausprobiert und sich später auch mit Tanztheater und Film auseinandergesetzt. Wenn er Kammermusik schreibt, denkt Georges Aperghis ebenso in Kategorien des Theatralen und des Dramatischen – und dies mit experimentellem Zugriff. Das beweist sein Duo Cinq Couplets für Stimme und Kontrabassklarinette aus dem Jahr 1988.
Der Text von Cinq couplets ist eine Fantasiesprache, die Aperghis verfasst hat. Allerdings handelt es sich keineswegs bloß um Vokalisen, reines vokales Klangmaterial, und auch nicht um eine Art vorsprachlicher Artikulationen. Die Fantasiesprache von Aperghis besteht aus Versatzstücken gesprochener Sprache, unter anderem sind Partikel des Französischen und des Englischen herauszuhören, so dass eine Art Meta-Sprache entsteht. Diese ist zwar weitgehend ihres konkreten semantischen Gehalts beraubt, aber trotzdem noch mit Bedeutungserinnerungen und Assoziationen von Wortbedeutungen behaftet. Im Vokalpart wird das Ganze expressiv in Klang umgewandelt. Die assoziative Evozierung verbunden mit den intensiven vokalen Klangfarben, die sich ergeben, bringt eine neue vokale Qualität hervor.
Die Kontrabassklarinette reagiert darauf mit vielgestaltigen Einwürfen, die ein breites Farb-und Ausdrucksspektrum aufweisen. Markant ist die Kombination zwischen der hohen Singstimme und dem tiefen Holzblasinstrument. Die Klarinette durchmisst einen großen Tonraum, in dem sie sich immer wieder auch in die Ebene des hohen Registers der Stimme richtet. Wie sich hier die beiden Stimmen zwischendurch tendenziell annähern, gehört zum Reiz dieses Werks. Im Verlauf dieser Annäherungen entfalten beide Akteure allmählich jeweils auf die eigene Weise eine ungeahnte Virtuosität.
Eckhard Weber