Im Jahr 2005 komponierte Friedrich Cerha ein Orchesterwerk mit dem programmatischen Titel Momente. Obwohl gut zwanzig Minuten lang, fokussiert dieses Werk doch auf den kurzen musikalischen Moment. Es ist wohl kein Zufall, dass gerade im letzten Jahrzehnt in Cerhas OEuvre zahlreiche Sätze oder Stücke, gelegentlich auch Inventionen oder Bagatellen auftauchen – Werke meist kammermusikalischen Zuschnitts, die aus einer Reihe von kurzen, oft miniaturhaften, knapp umrissenen Einzelsätzen bestehen. Man mag dies für das Merkmal eines wie auch immer gearteten ›Altersstils‹ halten, bei dem die Ökonomie des musikalischen Ausdrucks überflüssige Phrasen verbietet. Wichtiger aber ist wohl, dass Cerha in der knappen, konzentrierten Form am besten jene »Spontaneität des Einfalls«, die ihm mehr denn je am Herzen liegt, umzusetzen vermag. Für diesen zwar »spontanen«, aber natürlich doch künstlerisch geformten Zugriff sind beide Kammermusikwerke des heutigen Konzerts gute Beispiele. Die Drei Stücke für Violoncello und Klavier aus dem Jahr 2013 – gewissermaßen die Fortsetzung der unmittelbar zuvor für die selbe Besetzung komponierten Fünf Sätze – machen den Dreischritt von einer hauptsächlich dem Violoncello anvertrauten Elegie über »vielfältige, akkurat artikulierte Insistenz« zum »Atemlosen, Gehetzten« des dritten Stücks.
Rainer Pöllmann