Sept exceptions (»Sieben Ausnahmen«) hat Claire-Mélanie Sinnhuber, Komponistin und ausgebildete Flötistin, für die Besetzung Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello, Klavier und Schlagzeug geschrieben. Uraufgeführt wurde das Stück im November 2010 im Rahmen der International Gaudeamus Muziekweek vom Ensemble Insomnio. Die 1973 in Strasburg geborene franko-schweizerische Komponistin charakterisiert ihr Werk als »sieben kurze Momente, wie sieben Miniaturporträts eines jeden Instruments (+ eins), zugleich isoliert und verbunden, zugleich Inseln und Archipel.« Tatsächlich tritt in den verschiedenen kurzen Passagen von Sept exceptions jeweils eines der sechs Ensembleinstrumente in den Vordergrund. Der Zusatz »+ eins« was als zusätzliche Instrumentalfarbe aufgefasst werden kann, ist indessen eine blanke Untertreibung. Die Verbindungen sind nämlich im Detail mannigfaltig, einfallsreich und überaus abwechslungsreich gestaltet.
Zu Beginn wird das Schlagzeug prominent in Szene gesetzt, und zwar mit obertonreichen Metallophonen und Holz-Percussion. Danach verändert der rhythmisch treibende Einsatz der Flöte den Schlagzeugeinsatz grundlegend. Andere Gestalten, Rhythmen, Farben kommen zum Einsatz. Cello und Klarinette bringen bei Verlangsamung des Rhythmus zunächst dunklere Farben ein, denen das Klavier bald weitere Impulse gibt. Auf diese Weise ändert sich jeweils der musikalische Charakter. Kurzzeitig entfachen Klavier und Klarinette mit weiteren Ensembleinstrumenten einen temperamanentvollen Sturm, der sich bald in dezenten Schlagzeugakzenten verfängt. Absteigende Linien im Klavier führen zu fahlen, zarten Geweben in den Streichern und Blasinstrumenten, was in Minimal-Music-Patterns der Klarinette über dezenten Schlagzeugflächen gerinnt. Schattenhafte, fragile Texturen im Schlagzeug werden von der Flöte auf ihre Weise mit teils stimmlosen Einsätzen interpreteiert. Diese Gestalten nehmen in der Klarinette schließlich eine fester umrissene melodische Gestalt an.
Zum Schluss kommt es zu einem Zusammenspiel nahezu aller Ensembleinstrumente. Dabei steht vor allem das Schlagzeug im Vordergrund. So steckt es auch eine Klammer vom Anfang zum Ende dieser farbenreichen, suggestiven Miniaturen. Dieses Zusammenspiel am Ende ist die Ausnahme von den vorherigen Ausnahmen, die der Titel dieses Stücks suggeriert – Ausnahmen insofern, als sie pointierte Ausschnitte schlaglichtartig aus dem Spektrum des reichhaltigen Ensembleklang hervorheben. Auf relativ engem Raum wird das Potenzial kammermusikalischer Kombinationen aufgefächert – und das, was in einem Essay über Claire-Mélanie Sinnhuber betont wird: die »Vorliebe für transparente und sorgsam ausgearbeitete Texturen«.
Eckhard Weber