Brigitta Muntendorf: Key of presence

für zwei Klaviere und Live-Elektronik

Die in Wien und Köln lebende Komponistin Brigitta Muntendorf sprengt die Grenzen herkömmlicher musikalischer Formate. Musikalische Strukturen bleiben vage und abstrakt, Muntendorf will jedoch in ihren Werken konkret sein, deshalb setzt sie Elemente aus Performance,  Elektronik, Zuspielungen und audiovisuelle Medien, Worte und Bilder ein. So finden etwa Reflektionen über die durchdigitalisierte Informationsgesellschaft Eingang in ihre Musik, auch wenn sie für zwei Klaviere schreibt. »Künstlerische Freiheit besteht darin, den Finger auf die Wunde einer Gesellschaft legen zu können«, so Muntendorf.  In The Key of Presence, gemeint als »Die Taste der Anwesenheit«, und  in The Key of Absence …, »Die Taste der Abwesenheit«,  den beiden bislang vollendeten Werken einer Trilogie mit zwei Klavieren und mehr, beschäftigt sich die Komponistin mit dem Aspekt von Zeitlichkeit und Vergänglichkeit in der medialen Welt von heute.

In the The Key of Presence geht es um die Frage nach Gegenwärtigkeit, wenn man wie die beiden Pianisten in einer Maschinerie geradezu verschwindet. Denn hier muss nicht nur die Klaviertastatur virtuos bedient, sondern auch eine Menge anderer Auslöser betätigt werden, wodurch klangliche Prozesse in Gang gesetzt werden. Wieviel Kontrolle hat der Mensch dabei noch? Und welche Rolle spielt die individuelle Interpretation?  Das sind Fragen, die Muntendorf in diesem Stück interessieren. Für die Komponistin ist das Stück »ein auditiver Fingerabdruck der Vergänglichkeit – ein Phänomen, für das es in der heutigen Gesellschaft keinen Platz gibt, obwohl wir tagtäglich damit konfrontiert sind«, wie sie im Vorwort der Partitur schreibt. »Stattdessen werden uns Mechanismen angeboten, die Vergänglichkeit zu ignorieren: mit Botox, riesigen Datenlagern, Clouds und social freezing wird nichts anderes als vermittelt, dass die Gegenwart überlebt werden kann.« Die Musik, die flüchtige Kunst, beweist das Gegenteil.

Eckhard Weber