Wege nach Berlin I: Beat Furrer stammt aus der Schweiz und hat in Österreich Karriere als Komponist gemacht. Heute ist er Professor für Komposition an der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz. Letztes Jahr wurde er mit dem renommierten Ernst-von Siemens-Preis ausgezeichnet. Gerade kam seine jüngste Oper Violetter Schnee an der Staatsoper Unter den Linden zur Uraufführung. Augenblicklich ist Beat Furrer Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin, um eine neue Opernidee zu entwickeln, für die er, so der Komponist „mit der reichen Berliner Kulturszene in Kontakt treten“ will. In Beat Furrers Kammermusik führen konzis gestaltete Reduktion und Konzentration in dramaturgisch gedachten Strukturen zu einer überraschend expressiven Verdichtung.
Retour an Dich ist ein frühes Werk für Klaviertrio, fragil und gleichzeitig mit enormer Ausdruckskraft. »Kein Programm – es sei vorweg genommen: die Überschrift ist nach der Komposition entstanden«, hat der Komponist in einem Werkkommentar erklärt und ein poetisches Bild heraufbeschworen: »Ich spreche nicht von mir – nicht von dir, schon längst aus den Augen verloren – von der Stunde unserer geheimnisvollen Begegnung spreche ich – von jenen wie Perlen glitzernden Glasscherben am Grunde des Flusses spreche ich, die immer wieder unsere Sehnsucht wecken, die zu heben wir immer wieder aufs neue hinabsteigen, um sie, an der Oberfläche betrachtet, als bloße Glasscherben zu erkennen.«
In Retour an Dich wird in drei Stadien mit den Instrumenten des Klaviertrios sehr pointiert die Entwicklung einer sich wandelnden Interaktion hörbar gemacht. Zunächst agieren die drei Instrumente fast autistisch in ihren Einwürfen, Zusammenklänge wirken eher zufällig, obwohl sie in den Tonhöhen und Gesten einander suchen. Schließlich gelingt im zweiten Satz ein Miteinander in simultanen Akzenten und Akkorden mit anschließenden Rückzügen. Im dritten Teil sind die Einsätze nach diesem Prozess souveräner in ihrer Gestalt und im Zusammenspiel, »einzelne Stimmen gewinnen Raum – streben auseinander ohne jemals gänzlich ihre Berührungspunkte zu verlieren«, so Beat Furrer über diesen Satz. Mit der äußerst präzisen Behandlung muskalischer Parameter, Rhythmus, Tonhöhen, Dynamik, wird eine Entwicklung zwischen den Instrumenten erzählt, die zum aufmerksamen Hören einlädt und die Wahrnehmung der Zuhörer schärfen kann.
Eckhard Weber