Und plötzlich geht das Licht aus. Die Gespräche verstummen. Nach einander betreten die Musikerinnen und Musiker des DSO die Bühne, setzen sich und, wie durch Lin Liaos Armbewegungen hypnotisiert, lassen ihre Instrumente bis in die letzte, kleine Ecke des großen Sendesaals erklingen.
Das erste Stück, Memory Code (2021) von der Komponistin Alexandra Filonenko benutzt Klangeffekte von Alltagsgegenständen. Erinnerungen sind hier Herz des Stückes. Auch Politik spielt eine Rolle. In dem Zuspiel, das “zweite Orchester”, so nennt es Filonenko, welches mit dem “Bühnenorchester” zusammenwirkt, hört man unter anderem Marschlieder des zweiten Weltkrieges. Dieses Stück fand ich sehr interessant und schön “gebaut”, da Orchester und Zuspiel zusammenschmelzen und man einen Klang von überall hört.
Das zweite Stück Dialogues and Circles (2010), von Nina Šenk geschrieben, ist ein ruhigeres Stück, das jedoch durch seine Dynamik und seine eigenartige Sicherheit eine gewisse Spannung erzeugte. Der Solotrompeter Simon Höfele hat zum Instrumentenpart noch rhythmische Gesangspassagen. Im Bühnengespräch mit Festivalleiter Andreas Göbel sagte er, das Werk sei ein Dialog zwischen dem Orchester und der Trompete. An bestimmten Stellen hört man auch auch ein Trio mit Kontrabass, Cello und Geige plus Trompete. Bei Dialogues and Circles taucht keine Kleinigkeit unter, jede von ihnen schmückt, meiner Meinung nach, das Stück.
Im dritten Stück Tour de Trance (2021) von Arnulf Herrmann, werden zunächst verschiedene Bewegungen in Klänge transportiert. Von dem Gedicht “Tour de Trance” (von Monika Rinck) inspiriert, taucht Herrmann in die Welt der Bewegung, mit der Sopranistin Anja Petersen und dem Solocellisten des DSO, Valentin Radutiu. Beide sind auf Augenhöhe des Orchesters, erklärte der Komponist auf der Bühne, sie wechseln sie sich in der Rolle des Hauptcharakters im Stück ab. Tour de Trance spiegelte sehr gut sowohl die Bewegung als auch einen gewissen “Stillstand nach einer Katastrophe” wider, so formulierte es Arnulf Herrmann. Die beiden ersten Stücke haben mir aber besser gefallen. Trotzdem, ein tolles Eröffnungsprogramm voller Farben, Bewegung und Neuigkeit für das 25. Jubiläum des Festivals.