Bedröhnt taumele ich aus dem Saal des Heimathafens. 55 Minuten sind vergangen, seitdem ich ihn betreten habe, um “Astro-Noetic Chiasm (X)” zu erleben. Ich war völlig unvorbereitet. Zwei Cellistinnen, ein Klangregisseur, der Komponist Zsolt Sőrés an der Bratsche und ein Trompeter sind auf der Bühne. Letzterer trompetet nicht, sondern machte Pfeif- und andere Luftgeräusche. Streicher, die immer wieder die Bögen neu ansetzen, und es kommen immer und immer wieder (für meine ungeübten Ohren) ähnliche Klänge dabei heraus. Hinterher weiß ich beim besten Willen nicht, ob es mir gefallen hat.
Zu Anfang bin ich erstaunt und eingenommen von dem Klangkosmos, der sich mir eröffnet. Dann nervt es mich unsäglich. Für weitere 20 Minuten checke ich Nachrichten auf dem Smartphone. Auch ohne Bildschirm drifte ich weiter in den Gedanken ab – meine Strategie, um diese tiefen, endlosen Celliklänge auszuhalten. Doch ich will auch nicht weg, und so sehe ich mich gezwungen, eine neue Haltung zum Stück einzunehmen. Die Präzision, mit der die Cellistinnen und der Bratscher die Bögen führen, das gemeinsame Spiel, die völlige Hingabe der Künstler*innen – das überträgt sich auch. Ich fühle mich in einem knarzenden Schiffsbauch gefangen. Lange.
Dann wieder irritiert mich das, was ich unterdessen sehe, und was so gar nicht zu Sőres‘ Klangwelten zu passen scheint. Gerade schraubt der Trompeter, Franz Hautzinger, eine Wasserflasche auf und nimmt einen Schluck. Meine Aversion wird abrupt unterbrochen. Mir ist der Gedanke ins Bewusstsein gebeamt, dass es doch einfach großartig ist, dass es das gibt! Dass es Leute gibt, mit einer großen Leidenschaft und Können, die dann so etwas produzieren. Ja, jetzt amüsiere ich mich gar still über die vermeintliche Einfachheit. Meine Ungeduld, dass ich aus diesen kreisförmigen Tonschleifen ausbrechen will, ist verflogen.
„Welt ist eine Ansammlung von Verwandlungen und Mischungen, deren letztendliche Gesetze für uns unergründlich bleiben“, schreibt der Komponist im Ankündigungstext. Ab dem Moment, in dem ich mir keine Fragen mehr gestellt habe, habe ich etwas mitnehmen können.