
„Soirée gothique“, eine moderne Vertonung von Gedichten aus dem 19. Jahrhundert. Passt das zusammen? Wie klingt denn eigentlich ein Gedicht von Emily Dickinson? Was klingt in einem Wort, abgesehen von der Sprache? Ein Gedicht, vertont durch Emre Dündar, interpretiert durch eine Sopranistin und ein ungewöhnlich besetztes Ensemble klingt… modern… spannend!
Die Sängerin Eva Resch interpretiert den originalen, englischen Text. Nicht immer kann ich jedes Wort verstehen, erst recht nicht die verwendeten Gedichte erkennen, aber das ist auch nicht der Anspruch. Denn in Emre Dündars Vertonung wird weniger das Gedicht, als die darin beschriebene Stimmung musikalisch ausgestaltet. Mal spielen Streicher und Flöte recht liebliche Klänge, dann wandelt sich die Stimmung in harte, tiefe Bläsermusik, die die Hörerinnen und Hörer beinahe bedrohen zu scheinen. Emily Dickinsons Gedichte beschäftigen Emre Dündar schon lange. Und das zurecht! Denn die amerikanische Dichterin verfasste 1.789 Gedichte, über Hoffnung, Sehnsucht und Weite, während sie die meiste Zeit alleine in ihrem Zimmer verbrachte.
Vor allem die Stimme von Eva Resch gestaltet die Stimmungswechsel der Gedichte so eindeutig aus, dass Angst, Wut und Freude genau hörbar werden. Denn sie verwandelt sich von der lyrischen Sopranstimme, über leidende Klänge und bedrohlichem Flüstern zu bedrohlichen Schreien und rezitieren. Und dadurch vermittelt „Soirée gothique“ eine Ästhetik der Gedichte aus dem 19. Jahrhundert, die sich ohne Atonalität und Eva Reschs Stimme niemals erschlossen hätte.