Auch der zweite Tag des Ultraschallfestivals beinhaltet wundervolle und einzigartige Konzerte. Darunter ein Piano Duo, das sich GrauSchumacher nennt, zwei Pianisten mit den Namen Andreas Grau und Götz Schumacher. Das Konzert startet mit einem Stück von Brigitta Muntendorf mit dem Titel “Key of presence”. Die beiden Pianisten nehmen sich reichlich Zeit, bevor sie sich beide gleichzeitig auf die Brust schlagen, Mikrofone auf ihrer Brudt verstärken diese Bodypercussion. Ein Laut, so ähnlich wie ein einzelner Herzschlag, wird ausgelöst. Ein unmittelbarer Einstieg, der die Zuschauer sofort gespannt zuhören lässt. Immer wieder löst das Mikrofon einen explosionsartigen Schlag aus, der den ganzen Raum erfüllt, zusammen mit den Tönen der Klaviere. Die Instrumente wurden so präpariert, dass sie verzerrt und etwas schief klingen. Nach ein paar Minuten wird ein neuer Sound dazu gespielt, eine Frau, die auf Englisch etwas zu erzählen scheint. Kurz darauf wird es ruhiger und ein Geräusch wie Wassertropfen ist zu hören. Plötzlich steht einer der Pianisten auf und schlägt mit einem Gummihammer auf die Saiten des Klaviers ein. Stille. Ein Geräusch, das so ähnlich klingt wie das Atmen von Darth Vader ist zu vernehmen, bevor es sich dann in das Pfeifen eines alten Zuges verwandelt, der sich langsam entfernt. Die beiden Pianisten bewegen sich mit vollem Körpereinsatz zu den Tönen die sie auf ihren Instrumenten erklingen lassen, während sie Geräusche eines alten Radios erklingen lassen und das scharfe Quietschen eines Autoreifens. Der ganze Saal erbebt, als ein bassiger Ton den Saal zum erzittern bringt und Zuschauer sich die Ohren zuhalten. Das Klavierspielen beginnt wieder, diesmal als werden die einzelnen Töne rückwärts abgespielt. Der letzte Ton wird mit Genuss von den beiden Pianisten ausgekostet.
Das zweite Stück, ein weiteres von Brigitta Muntendorf, trägt den Titel “Key of absence”. Es startet mit einzelnen Klaviertönen, die frei schweben, bis sie verklingen. Operngesang mischt sich in den Hintergrund, während die Pianisten ihre Hände auf der Brust kreuzen und einzelne Sätze sagen, wie zum Beispiel “Ich wünschte es klingt wie es nicht mehr klingt” oder “Ich werde meinen Tod nicht erleben”. Das Tempo steigert sich, während das Publikum immer unruhiger wird, aufgrund der Spannung, die aufgebaut wird. Ein Rhythmus, der fast eine drohende Wirkung hat, setzt ein und lässt den ganzen Saal und die Stühle vibrieren. Die Klaviertöne hören sich inzwischen an, als würde man ein gespanntes Seil anfassen. Das Werk wird mit langem Applaus belohnt.
Das Licht verdunkelt sich. Der Anfang des nächsten Stücks von Piotr Peszat mit dem Titel “The Message”: Es wird zusammen und abwechselnd auf die Klaviertastatur geschlagen. Ein Video wird im Hintergrund eingeblendet, das einen Bohrer zeigt. Immer wieder wird der erste Satz von Selena Gomezs Song “Can´t keep my Hands to myself” abgespielt, als hätte die dazugehörige CD einen Kratzer. Das Einatmen einer Person wird in einer Dauerschleife wiederholt, was einem ein Schwindelgefühl verleiht. Das Video zeigt nun schwarze Finger, die sich spinnennartig bewegen. Der Raum erzittert wieder, während die Pianisten nun mit ihren Fingern über die Klaviatur streichen und ein Ton erklingt, der dem Signal einer Virusmeldung ähnelt. Das Geräusch eines Flugzeugmotors setzt ein, während die Pianisten die Bühne verlassen und ein etwas verwirrtes Publikum zurücklassen. Das Video zeigt nun wieder eine menschliche Hand, die sich jedoch langsam in die einer Puppe verwandelt. Leicht gegruselt, wird laut applaudiert.
Das letzte Stück mit dem Titel “Monologe” stammt von dem Komponisten Bernd Alois Zimmermann. Zu Beginn startet eine fließende Melodie, die die Neugier auf mehr erweckt. Beide Pianisten spielen unterschiedlich. Während der eine ein klassisches Stück spielt, spielt der andere Neue Musik, welches eine etwas komische Mischung ergibt. Das letzte Stück beinhaltet keinen Einsatz von Elektronik. Allein die Finger der Pianisten fliegen flink über die Tasten, während sie zwischendrin immer wieder mal stoppen.
Alle Stücke hatten verschiedenste Wirkungen auf das Publikum. Mir gefiel das erste Stück besonders, vor allem die Idee mit dem Mikrofon an der Brust. Es hatte einen einzigartigen Effekt auf das gesamte Stück und hat mich neugierig gemacht, wie der weitere Verlauf sich steigern könnte. Auch die Zusammenarbeit der beiden Pianisten während des Stückes hat mich tief beeindruckt. Alleine durch Blickkontakt verständigen sie sich, und gleichzeitig nicht aus dem Rhythmus zu kommen, ist bestimmt nicht einfach.