Das Ultraschallfestival 2018 hat begonnen. Zusammen mit einem phänomenalen Erlebnis: dem Eröffnungskonzert, etwas ganz Besonderem, denn es war dem Komponisten Bernd Alois Zimmermann gewidmet, der seinen hundertjährigen Geburtstag gefeiert hätte. Um diese Besonderheit des Abends auszudrücken, wurde dem Dirigenten und Komponisten Heinz Holliger die große Aufgabe zuteil, zusammen mit dem Deutschen Symphonie-Orchester, das Publikum durch einen spannungsreichen Abend zu leiten.Drei Stücke werden aufgeführt, eines von Bernd Alois Zimmermann, eins von dessn Schüler Jacques Wildberger und eins von Heinz Holliger selbst. Der Abend beginnt mit dem zwölfminütigen “Photoptosis”. Das Publikum verstummt, während die Streicher, Bläser, Schläger und Pianisten ihre Augen gebannt auf Heinz Holliger richten. Ein langgezogenes Streichen der Violinen lässt es einem kalt den Rücken herunterlaufen. Die Spannung ist so groß, als würde man selbst auf einer surrenden Stromleitung sitzen. Die Spannung wird unerträglich in die Länge gezogen für ca. eine Minute, bis plötzlich die Schläger und Bläser mit so einer Lautstärke und Wucht spielen, dass das gesamte Publikum zusammenzuckt und man die Augen weit aufreißt. Nach dem kurzen Schreck, wir die Melodie und Stimmung gegenteilig zu dem was davor geschah. Das Zusammenwirken von Bläsern und Klavier erzeugt eine so gemütliche und warme Stimmung, dass man sich wieder in den Stuhl zurücklehnen kann. Doch dieser Moment hält nur kurz an, denn durch die Tonlagen-und Temposteigerung wird wieder eine Spannung erzeugt, die durch den Einsatz von Trommeln und Bläsern, die Zuschauer in einen fast hektischen Zustand versetzt. Am Ende setzte das gesamte Orchester ein. Das Durcheinanderspielen hört so abrupt auf, dass man meinen könnte, die Töne würden noch in der Luft schweben. Im Zuschauerraum ist es totenstill, bevor dann begeistert applaudiert wird. Das nächste Stück trägt den Titel “Canto”. Es beginnt mit dem Einsatz von Violinen. Es werden lange Pausen eingelegt, bis man plötzlich eine Melodie vernimmt, die etwas an orientalisches Flair erinnert.
Diese Atmosphäre hält jedoch nur für ein paar Sekunden, bevor man dann einen leisen Donner vernimmt, erzeugt durch die Pauken. Ist das Nuklearalarm? Der nur für ein paar Sekunden anhält? Eine Plötzliche Temposteigerung lässt den Eindruck entstehen, als wäre jemand auf der Flucht und würde nach Schutz suchen, bevor sich dann alles beruhigt und das Orchester langsam ausklingt und schließlich ganz verstummt.
Und dann kommt der Höhepunkt des Abends. Der Dirigent stellt seine eigene Komposition vor. Sie ist dem Maler und Künstler Louis Soutter gewidmet. Heinz Holliger versucht mit diesem Stück die Malereien des Künstlers in drei Sätzen und unfassbaren 42 Minuten zu beschreiben. Das Werk startet mit einem entspannten Violinsolo. Saubere und weiche Übergänge kann man sich bildlich als weiche, schwungvolle Linien auf einer Leinwand vorstellen, während harte und kurze Töne die Ecken und Kanten, sowie Farbakzente des Bildes beschreiben. Durch die verschiedenen Tempiwechsel und der Tonlagenveränderung kann man in seiner Fantasie, jede Ecke und Kante des Bildes herausmalen, wie die Perspektive wechselt und die Farben miteinander harmonieren. Eine tolle Leistung des Violinsolisten Thomas Zehetmair! Nach dem entspannten Einstieg wird die Spannung erhöht. Das Publikum wird aus dem tranceartigem Zustand geweckt, als zwei flache Holzstücke zusammengeschlagen wurden und das Orchester verstummen lassen. Die Totenstille, die darauf folgt, ist noch spannungsreicher als der Schrecken selbst, der so viele zusammenzucken lässt. Instrumente werden in dieser Komposition ganz anders verwendet als herkömmlich. Ein Gong wird mit den Fingernägeln gekratzt und Violinbögen werden für Xylophone verwendet. Die Trommeln geben dem Stück einen schönen Rhythmus. Die Trommel spielt, das Orchester antwortet, ein Frage-Antwort-Schema, das immer schneller wird und dann schließlich erstirbt.
Das Orchester spielte den ganzen Abend mit beeindruckender Intensität. Ein toller Anfang und Vorgeschmack für die kommende Woche, die mit Neuer Musik erfüllt sein wird.