„Das war irre, wirklich irre, ich kann das gar nicht beschreiben“, so die Komponistin Konstatia Gourzi aus Griechenland nach der Generalprobe ihres neuen Orchester Stückes „Mykene“.
Auf die Frage wie sie auf die Idee gekommen ist, dieses außergewöhnliche Stück zu schreiben, erzählte sie eine Geschichte, wie sie und ihr Mann kurz vor der abendlichen Schließung des Archäologischen Museums von Mykene doch noch eintreten durften und eine ganze Stunde ganz alleine durch die Ruinen der Jahrtausende alten Stadt spazieren durften. Mit einem Glitzern in ihren Augen und Begeisterung in der Stimme erzählt sie, dass das wohl eine ihrer schönsten Lebenserinnerung sei. Und als sie nach dieser spannenden und eindrucksvollen Stunde wieder nach draußen, in die jetzige Welt trat, dachte sie sich „Darüber muss ich jetzt ein Orchesterstück schreiben.“ Mykene war bis 1200 v. Christus eine der bedeutendsten Städte Griechenlands wurde hundert Jahre später jedoch von einer griechischen Bevölkerung, den Dorern, zerstört. Heute sind es nur noch Ruinen, jedoch sehr lebendige und „unbedingt zu besuchen wenn man mal in Griechenland ist“, sagt Konstantia.
Zweimal dürfen wir als junge Reporter bei den Proben dabei sein und den interessanten Tönen, Rhythmen, den Konstellationen der verschiedenen Instrumente und der Musik lauschen. “Das Stück”Mykene” hat sieben kleine Teile: Orestes Rückkehr, Klytämnestras Grab, Vollmond in Mykene, Die Tränen, Verzweiflung und Das Abendrot. Jede kleine Miniatur hat einen kleinen Anteil der Geschichte Klytämnestras und dem Geschehen in Mykene. Das Stück fängt an mit gleichmäßigem, eintönigem und ruhigem Spielen des Orchesters, die Streicher sind besonders rauszuhören, zwischendurch hört man die wunderschönen sanften Töne einer Harfe, bis ein ungewöhnlicher Klang, eine selbstgebaute Konstellation der Komponistin mit Glocken von überall aus der Welt, die Stille durchbricht. Eine sonderbare Idee, solch ein Instrument zu entwerfen und ihrem Orchester so einen ungewöhnlichen Klang zu geben. Für Konstantia spiegeln diese Glocken die Stimmung wider, die sie in Mykene gespürt hat. Dann setzt eine melancholische ruhige Melodie ein, gespielt von einem Fagott.
Eine andere Miniatur und schon ein ganz anderer Klang. Das kann die Komponistin besonders gut – jeder Miniatur einen eigenen Klang und eine eigene Geschichte zu geben. Bei dieser hier ist die Stimmung aufgebraust, lauter und rhythmisch ganz anders als die vorige. Es hört sich an, als würden zwei Stimmen im Klangduell gegeneinander kämpfen – die Streicher gegen die Bläser, begleitet von einem sonderlichen Klang der Kontrabässe, die Bassisten klopfen auf die Saiten ihrer Instrumente ein und erzeugen so einen Klang mit einem sehr coolen Nebeneffekt, welcher sich wie ein Klopfen, Klickern und Zupfen zugleich anhört.
Und schon wieder eine vollkommen neue Farbe. Als ich diese Stelle zum ersten mal hörte, dachte ich an eine kunterbunte Blumenwiese mit schuftenden Bienen, Hummeln, Grashüpfern, Fliegen und Ameisen. Mit den vielen verschiedenen, kurzen, hohen Tönen der verschiedene Instrumente und Streicher wird eine verworrene aber interessante Stimmung erzeugt, die einen sofort an arbeitende Insekten denken lässt.
Auch gibt es Instrumente, die nicht in allzu vielen klassischen Stücken auftauchen, wie z.B. eine Röhrenglocke oder eine Almglocke. Laut der Namen kann man sich die Instrumente gut vorstellen. Die Almglocke, die gleichen Glocken wie Kühe sie tragen, ist schon über 1000 Jahre alt sagte der Schlagzeuger Henrik Magnus Schmidt, der diese Instrumente spielte. Auf meine Frage ob es schwer sei, so ein Instrument zu spielen, antwortete er: „Jeder der Schlagzeug spielen kann, der kann auch das.“ Man merkt, dass Konstantia Gourzi gerne nicht allzu klassische Instrumente benutzt, und das macht ihre Musik vielleicht so bilderreich, spannend und schön. Und genauso irre wie das Erlebnis, welches sie zu ihrem Orchester Stück geführt hat, ist ihre Musik auch – im positiven Sinne natürlich.