Die erste Probe für das große Eröffnungskonzert hat begonnen und wie immer sind alle Musiker*innen bestens vorbereitet, wie uns Festivalleiter Andreas Göbel berichtet. Im großen Sendesaal im Haus des Rundfunks erleben wir das erste Zusammentreffen des Deutschen Symphonie-Orchesters und der Dirigentin Lin Liao, und die Chemie stimmt! Als wir eine Stunde nach Beginn der Probe in den Saal gehen, bin ich direkt vom Klang des Orchesters mitgerissen. Es ist beeindruckend, wie gut die Musiker*innen bereits bei der ersten Probe zusammenspielen. Für die Dirigentin ist das Werk von Arnulf Herrmann sehr vielfältig und erweckt verschiedene Emotionen, wie sie im Interview mit den UltraschallReportern verrät. Einerseits gibt es Passagen mit einer großen Klangmasse, die sich aber auch mit sehr transparenten Stellen abwechseln. In diesen Momenten beginnt ein wunderbarer Dialog zwischen der Klarinette und den Streichern, welche die Bewegungen der Klarinette in den Tonhöhen imitieren. Manchmal können wir verschiedene Klangebenen erkennen, bei denen man genau hinhören muss um zu verstehen was passiert. Ein Motiv, welches von allen Instrumentengruppen übernommen wird, wiederholt sich immer wieder in verführerischer Mikrotonalität.
Eine präsente Solostimme hat auch der Cellist Valentin Radutiu. Es hat viele Pizzicati, die mal schnell in die Höhe schießen, mal pulsierend eine Note wiederholen. In der Mittagspause habe ich die Gelegenheit, mit Radutiu ein paar Worte zu wechseln. Er erzählt von der Offenheit des Berliner Publikums, welches sich aber noch einmal von dem bei Ultraschall unterscheide. Dieses bestehe vor allem aus Rollkragenträgern und Foucault-Lesern, sagt er mit einem Schmunzeln. Für Radutiu kann man ein Werk nicht schon nach 20 Minuten bewerten, genauso wenig wie einen Menschen. Es braucht Zeit, um die Sprache des Komponisten kennen und schätzen zu lernen. Dies ist vor allem bei Neuer Musik der Fall, denn unsere Ohren sind bestimmte Klänge nicht gewöhnt, was schnell zu Ablehnung seitens des Publikums, aber auch seitens der Interpret*innen führen kann. Doch es lohnt sich, aus unseren Hörgewohnheiten auszubrechen, um neue Klänge erleben zu können.