Die Frage stellt sich doch tatsächlich, wer hört sich denn sowas an? Musiker, die ihre Instrumente in Maschinen und Klangräume verwandeln. Manchmal nicht nachvollziehbar, wohin das Komponierte gehen soll, diese sinnlosen Zusammenhänge der einzelnen Stimmen, Takte und Töne die notiert sind, als wüsste man nicht wie es richtig geht. Es klingt als hätte es ein Kind geschrieben, jeder kann Töne aneinanderreihen und dazu ein paar falsche Mundstücke auf ein anderes Instrument setzen. Oder ist es etwa doch Durchdachtes, etwas, das es zu hinterfragen gilt, das nicht auf den ersten Blick verständlich und erkennbar ist?
Manchmal setze ich mich in diese Konzerte, vielleicht mit einem zu hohen Anspruch an das Harmonische, Musikalische, das Gewohnte? Doch dann stellt sich auch die Frage: Wieso schreibe ich überhaupt Texte über dieses sinnlose Durcheinander. Die Antwort ist simpel, diese Komponisten sind einzigartig, sie haben ihre ganz besondere Sprache, eine eigene Handschrift. Natürlich haben auch Mozart und Beethoven ihre Eigenarten, doch sind sie ähnlicher zueinander als alles, was die Komponisten der neuen Musik heute schaffen, finde ich, was natürlich auch durch die vielen neuen Möglichkeiten begründet ist. In der neuen Musik kann man nicht einfach kopieren oder etwas ähnlich gestalten, die Notierung der Werke ist zu detailliert, zu durchdacht und niemand kann genau das empfinden was der Komponist bei der Entstehung gedacht und gefühlt hat.
Aber wenn ich genauer darüber nachdenke, ist es nicht doch bloß alles undurchdringbar und unsortiert? Es ist nicht immer der Anlass beschrieben und der Zustand, den der Komponist bei der Entstehung durchlebt hat. Es ist schwer herauszufinden was ihn angetrieben und bewegt hat, das Stück zu schreiben. Es ist tatsächlich ein irrwitziges Hin und Her verschiedener Töne, die Variabilität ist bemerkenswert, doch mehr auch nicht. Es ist doch alles der gleiche Stuss, jemand denkt sich etwas aus, schreibt es auf. Jemand anderes entdeckt es, empfindet es als hörenswert und möchte es anderen näher bringen. Doch diese Menschen können eventuell nicht das fühlen, was er gefühlt hat und stoßen sich an dem Werk. Es ist nicht klar, aus welchen Gründen man sich dem Ganzen hingibt und sich in den Konzertsaal setzt…oder?
Nach all diesen Gedanken versuche ich, in mich zu gehen und zu überlegen, wieso ich das trotzdem wiederhole und schon zum zweiten Mal als UltraschallReporterin bei Ultraschall Berlin dabei bin. Es liegt vermutlich an der Faszination, die diese Musik mit sich bringt. Sie ist grenzenlos, beliebig, frei, geborgen und ist keineswegs oberflächlich anzuhören wie die Klassik oder andere Musikgenres, die auch nebenbei gehört werden können. Neue Musik kann man nicht nur hören, man muss sie auch sehen, denn was dort möglich gemacht wird, ist manchmal mit dem bloßen Hören nicht zu erreichen und kann nicht aufgenommen werden ohne Sehen. Doch wenn ich während einer dieser Stücke doch mal meine Augen schließe, merke ich, wie sortiert und gradlinigndiese Musik ist, trotz ihres Unkonventionellen. Die Präzision jeder einzelnen Note ist spürbar und um den Zuhörer weben sich Freiheit, Zeitlosigkeit, teilweise auch Gefühllosigkeit, die einzigartig sind. Denn die neue Musik wird aus den ursprünglichen Banden der Musik gehoben, neu aufgestellt, justiert und angeordnet, damit etwas Undurchdringbares und doch wieder Zugängliches entsteht.
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