Ständiger Wechsel der Plätze auf der Bühne, neue Objekte mit denen „gespielt“ wurde, viel Elektronik, diese drei Dinge führten uns gestern zum Großteil durch das Programm im Heimathafen Neukölln. Mit Witz und Ernsthaftigkeit wurde es gestaltet, jeder musste selbst entscheiden, ob er das Stück, welches gespielt wurde, auf der humorvollen oder der ernsten Seite sah.
Karen Power ahmte mit einer langwierigen, aber sehr interessanten Komposition die Spree nach, durch viele Klangexperimente. Einen besonderen Spannungsbogen wollte sie in ihrem Stück gar nicht herstellen. Sie hatte sich zum Ziel gesetzt, das Unhörbare hörbar zu machen. Mit einem Unterwassermikrophon hatte sie zuvor alle Geräusche aufgenommen, die die Spree zu bieten hat. Dann hat sie einige Geräusche Instrumenten zugeordnet und andere Geräusche zu Musiksequenzen zusammengeschnitten. Die wurden von Smartphones abgespielt, so bekamen auch einige UltraschallReporter eine Musiksequenz auf ihr Telefon und mussten diese dann abspielen (siehe Artikel „Interaktiv ist hip!“). Die Menschen, die um mich herumsaßen, dachten zuerst einmal, das sei mein Klingelton und sie wunderten sich, dass ich mein Handy trotzdem weiter auf dem Stuhl liegen ließ. Das Ensemble Mosaik spielte die Instrumente, auf ganz unterschiedliche, teils seltsame Art und Weise, um die Geräusche der Spree darzustellen.
Zu Beginn des Abends spielte dieses Ensemble auch drei Kompositionen von Francesco Filidei. Den ersten beiden konnte kein direkter Melodieverlauf zugeordnet werden, ab und zu gab es einige Auf- und Abgänge, doch teilweise konnte man auch nicht alles hören, die verschiedenen Klangobjekte überlagerten sich mit den Instrumenten, es ergab immer einen neuen, unbekannten Gesamtklang. Die Stücke begannen und endeten mit sehr hohen, kaum hörbaren Sequenzen, so als würde man ein Mikrophon neben eine Box halten, oder den Anschluss zum Mischpult nicht richtig anschließen. Als drittes Stück, spielten sie auf der Bühne live zu einer von einem Sprecher erzählten Geschichte. Ein Fisch und ein Vogel wollen heiraten, das funktioniert auch, auf mysteriöse Weise. Aber es gibt auch bei einer solchen Hochzeit immer Komplikationen, wenn die Ehe dann beschlossen ist und man gemeinsam leben möchte. Denn jeder hat seine Eigenheiten und auch Gefahren, die auf ihn zukommen.
Die Stücke, die mich an diesen Abend besonders begeisterten, waren die beiden Schlagzeugwerke, gespielt von Håkon Stene („Schlagzeuger vs. Schaupiel“). Das „Inferno“ war nicht jedermanns Sache, doch ich empfand es als durchaus lustig, doch auch ernst. Der Mensch in seiner Midlife Crisis, den Håkon spielte, konnte einem Leid tun, weil er in einer aussichtslosen Situation gefangen war.
Dazu gab es ein Video, welches die Evolution der verschiedenen Schlagzeugtechniken darstellte. Das andere Stück, das Håkon Stene spielte, war eine Art Mash-Up. In diesem Stück vereinte der Komponist Klänge aus dem Alltag, die er zuvor aufgenommen hatte, mit Klängen aus der Popkultur. Ein sehr interessantes Stück, in dem man genau wahrnimmt, dass der Komponist diese Klänge in London aufgezeichnet hat. Als ich bei diesem Stück meine Augen schloss, fühlte ich mich sofort dorthin versetzt. Die unterschiedlichen Klänge, aus dem Soho Viertel oder dem Hyde Park und auch der London Underground waren sofort zu hören und ungewöhnlich nah und detailliert.
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