Als Simon Steen-Anderson, vor der Aufführung seines Stückes „Double Up“ gestern Abend sagte, dass er versucht habe Alltagsgeräusche mit dem Orchester widerzuspiegeln und per Keyboard abzuspielen, hatte ich nicht viele Erwartungen an das Stück. Viele Komponisten der Neuen Musik versuchten es und oft schafften sie es nur entfernt bei mir eine Wirkung damit zu erzielen. Doch gestern Abend im Haus des Rundfunks wurde ich überrascht. Wind, Fahrradklingeln, Feuerwehr, eine Straßenbahnfahrt in Berlin. Ich fühlte mich, als würde ich die Kastanienallee entlang laufen. Korkenknallen, das Öffnen einer Bierflasche, die U-Bahn und das Schlürfen eines kleinen Kindes, welches nicht glauben will, dass sein Getränk schon geleert ist, ein Opernsänger in einem alten Plattenladen ist zu hören und das Knarren von Türen und Laminatboden, das sich bei mir zu Hause wiederfindet. Und zwischendurch immer wieder des Geräusch vom ein- und ausatmen. Ich war nicht mehr in dem Konzertsaal, sondern mit meinem Gehör unterwegs in meinem Leben und gleichzeitig dachte ich darüber nach, wie viele Menschen im selben Moment dieselben Dinge hörten und alles doppelte sich in meinem Kopf. Als schließlich kein Klang mehr ertönte, war meine Reise vorbei und ich war wieder in der Wirklichkeit angekommen. Einen Dank an den Komponisten und das Deutsche Symphonie-Orchester für dieses Erlebnis.
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